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Wo man nach der EZB-Zinssenkung am Anleihemarkt investieren sollte

Cash abbauen, Duration erhöhen - wie Fondsmanager auf die veränderten Zinserwartungen nach der EZB-Sitzung reagieren.

Sara Silano 07.06.2024
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Die Anleiherenditen in der Eurozone stiegen leicht, nachdem die Europäische Zentralbank (EZB) auf ihrer Sitzung am 6. Juni die Zinssätze um 0,25 Prozentpunkte gesenkt und sich die Märkte auf den unsicheren künftigen geldpolitischen Kurs eingestellt hatten. Anleihemanager erklären, wie Investoren ihre Portfolios nach der ersten Zinssenkung seit fünf Jahren jetzt ausrichten sollten.

„Nach der Ankündigung der EZB haben wir einen leichten Anstieg der Anleiherenditen über die gesamte Laufzeitkurve hinweg beobachtet“, so Giacomo Calef, Länderchef für Italien bei NS Partners. 

„Das deutet darauf hin, dass trotz der Zuversicht von Christine Lagarde, die Inflation gehe zurück, der Prozess der Normalisierung der Geldpolitik länger dauern könnte als erwartet.“

Unmittelbar nach der Ankündigung der Zinssenkung stieg die Rendite der zehnjährigen italienischen Benchmarkanleihe BTP von 3,83% auf 3,87% und die der deutschen Bundesanleihe mit gleicher Laufzeit von 2,53% auf 2,56%. 

Anleihen: Worauf Sie jetzt achten sollten

Wenn die Zinssätze sinken, sinken in der Regel die Renditen von Staatsanleihen und die Kurse der ausstehenden Anleihen steigen. Aber die Reaktion des Marktes auf die erste Zinssenkung seit 2019 fiel relativ verhalten aus. Der Fokus lag eher auf der Aufwärtskorrektur der Inflationsschätzungen, die die Zentralbank vorsichtiger machen könnte für Zinssenkungen im Rest des Jahres 2024.

„Die Senkung wird durch aggressive Komponenten ausgeglichen - etwa durch die Aufwärtskorrektur der Wachstums- und Inflationsschätzungen (die daher länger brauchen werden, um sich wieder dem Zielwert anzunähern) sowie durch das Fehlen jeglicher Hinweise auf einen kontinuierlichen Weg zur Senkung der Geldkosten “, sagte Alberto Biscaro, Portfoliomanager bei Quaestio SGR. 

Liquide zu sein, zahlt sich jetzt weniger aus

Nach Ansicht von Experten müssen Anleger zwei Faktoren berücksichtigen. Der erste ist die Liquidität, da die Erträge aus Einlagenkonten und anderen Geldmarktinstrumenten aufgrund der sinkenden Zinssätze sinken werden.

Einige Experten empfehlen, die Liquidität im Portfolio zu reduzieren, da das Halten von liquiden Vermögenswerten weniger attraktiv geworden ist:

„Angesichts des laufenden Zinssenkungszyklus in der Eurozone ist es für Anleger von zentraler Bedeutung, ihren Liquiditätsbedarf zu steuern. Die derzeitigen Renditen auf Bargeld sind zwar attraktiv, werden aber nicht mehr lange Bestand haben", so Dean Turner, Chefökonom für die Eurozone und das Vereinigte Königreich bei UBS Global Wealth Management, in einer Mitteilung vom 6. Juni.

„Wir plädieren dafür, die Bestände an Bargeld und bargeldähnlichen Anlagen zugunsten von Investments zu reduzieren, die dauerhaftere Renditen bieten, wie etwa ein Portfolio von Qualitätsanleihen“.

 

Inverse Zinskurve, aber keine Rezession

Der andere zu berücksichtigender Faktor ist die inverse Zinskurve¹ in der Eurozone, wo 10-jährige Staatsanleihen niedrigere Renditen bieten als zweijährige.

Eine inverse Zinskurve wird oft als Indikator für eine Rezession angesehen, sendet jetzt aber andere Signale.

Für Andrea Conti, Leiter Makro-Research bei Eurizon, spiegelt die inverse Kurve „die Vorläufigkeit des aktuellen Niveaus der kurzfristigen Zinssätze wider und diskontiert ihren zukünftigen Abstieg“.

In seiner Ende Mai veröffentlichten globalen Einschätzung warnte Eurizon Anleiheinvestoren, sich auf Volatilität einzustellen.

"Die langfristigen Zinssätze befinden sich auf einem Niveau, das mit der derzeitigen Phase des Wirtschaftszyklus übereinstimmt. Sollten die künftigen Inflationsdaten jedoch den im Mai verzeichneten Anstieg bestätigen, könnten die Anleihemärkte Volatilität erleben."

 

Wo Anleihemanager jetzt investieren

Anleihemanager blicken bereits über die Zinssenkung vom 6. Juni hinaus, und ihre Positionen sind unterschiedlich. Einige Kommentare nach der EZB-Sitzung zeigten eine Vorliebe für mittlere und kurze Laufzeiten sowie für Anleihen der EU-Peripherie, wie etwa italienische Staatsanleihen, aber es gibt auch Portfoliomanager, die eine globalere Sicht auf festverzinsliche Wertpapiere haben.

 

 

Mauro Valle, Leiter Fixed Income bei Generali AM, bevorzugt Anleihen der Peripherieländer:

"Wir sehen die deutschen Zinssätze im Bereich über 2,5% weiterhin positiv und halten an unserer langen Duration fest. Wir sind ebenfalls positiv eingestellt gegenüber den kurzen bis mittleren Laufzeiten der Euro-Renditekurve, da die Inversion der Zinskurve ziemlich signifikant ist und wir keine Bedingungen für eine weitere Inversion in nächster Zeit sehen.“

„Wir sind weiterhin positiv für Peripherieländer gestimmt, da Carry Trades¹ und die Suche nach Renditen die Präferenzen der Anleger bestimmen werden, wenn man bedenkt, dass die Euro-Zinsen in Zukunft niedriger sein könnten“, sagt er.

Francesco Castelli, Leiter Fixed Income bei Banor, sagte: "Lagarde war heute nicht sehr hilfreich für Anleiheinvestoren. Sie hat jedoch den Weg bestätigt, auf dem die Zinsen allmählich sinken werden.“

"In diesem Zusammenhang sehen wir die Duration von Anleihen nicht als Risiko, sondern als Chance. Für einen mittelfristig orientierten Anleger ermöglicht das Beibehalten einer Duration² zwischen drei und fünf Jahren heute attraktive Renditen, die über der Inflationsrate liegen (indikativ 3% für Staatsanleihen, 4% für Investment-Grade-Unternehmensanleihen)." 

Zeit, sich mit mittelfristigen Anleihen zu beschäftigen? Oder Hochzinsanleihen?

 

Patrick Barbe, Leiter europäische Anleihen bei Neuberger Berman, sieht die Auswirkungen von drei möglichen Zinssenkungen in diesem Jahr.

„Das wäre günstig für mittelfristige Anleihen und die Schulden der europäischen Staaten mit dem niedrigsten Rating.“

Ann-Katrin Petersen, Chefanlagestratege für Deutschland, Österreich, die Schweiz und Osteuropa beim BlackRock Investment Institute, riet den Anlegern in einer Mitteilung nach der EZB-Sitzung, das große Ganze im Auge zu behalten.

"Die Zinsen werden wahrscheinlich strukturell höher bleiben als vor der Pandemie, was die Attraktivität von einkommensorientierter Investments unterstützt. Wir sind taktisch neutral gegenüber Staatsanleihen des Euroraums, da der politische Kurs unsicher bleibt. Im Vergleich zu den USA sehen wir aufgrund der geringeren Haushaltsdefizite Unterstützung für europäische Anleihen".

Gabriele Foà, Portfoliomanagerin bei Algebris Investments, sieht in einer Mitteilung vom 6. Juni mehr Value in höherverzinslichen Anleihen:

"Zinssenkungen sind nicht per se ein Grund für festverzinsliche Anlagen. Wir sehen mehr Value in der hochverzinslichen Komponente von Global Credit, die weniger von den Zinsen und mehr vom Wachstum abhängen. Das Niveau der Kreditspreads ist im Vergleich zum historischen Durchschnitt eng, aber es gibt keinen Mangel an Möglichkeiten in ausgewählten Bereichen.

"In Europa sehen wir Value in nachrangigen Finanztiteln [Anleihen mit niedrigerem Rating] und in defensiven Sektoren wie Telekommunikation und Versorgern, insbesondere am nachrangigen Ende.

 

1 Eine Zinskurve beschreibt das Verhältnis zwischen der Laufzeit einer Anleihe und ihrer Rendite. Diese Kurve ist oft ansteigend, d. h. höhere Renditen bei längeren Laufzeiten.

2 Carry Trades beinhalten die Aufnahme eines Kredits zu einem niedrigeren Zinssatz und die Investition in einen höher verzinsten Vermögenswert.

3 Die Duration spiegelt die Empfindlichkeit von Anleihen gegenüber Zinsänderungen wider; Anleihen mit längeren Laufzeiten haben eine höhere Duration, da sie ein höheres Zinsrisiko aufweisen.

 

Die in diesem Artikel enthaltenen Informationen dienen ausschließlich zu Bildungs- und Informationszwecken. Sie sind weder als Aufforderung noch als Anreiz zum Kauf oder Verkauf eines Wertpapiers oder Finanzinstruments zu verstehen. Die in diesem Artikel enthaltenen Informationen sollten nicht als alleinige Quelle für Anlageentscheidungen verwendet werden.

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Über den Autor

Sara Silano

Sara Silano  è caporedattore di Morningstar in Italia