Wird SAP zu groß für den deutschen Aktienmarkt?

SAP-Investoren konnten sich 2024 über satte Renditen freuen. Was würde es bedeuten, wenn der Konzern dem Handelsplatz Frankfurt den Rücken kehrt?

Antje Schiffler 21.11.2024
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SAP

Mit einen Kursplus von über 60% war Deutschlands wertvollstes börsennotiertes Unternehmen SAP SAP maßgeblich für die gute Performance des deutschen Aktienmarktes in diesem Jahr verantwortlich. Zur Performance des Morningstar Germany Index, der seit Jahresbeginn 13,35% im Plus liegt, trug die Aktie allein 6,45 Prozentpunkte bei, zeigen Daten in Morningstar Direct.

SAP verzeichnet im Jahr 2024 enorme Kursgewinne, aber das könnte zu viel des Guten sein. Angesichts des massiven Wachstums könnte das Unternehmen seine Börsennotierung in die USA verlegen, was erhebliche Auswirkungen für Anleger hätte.

Denn durch die Kurssteigerungen sprang die Aktie über die Grenze von 15%, die ein Einzeltitel an Gewicht im DAX haben darf. Und so war die Deutsche Börse bei ihrem vierteljährlichen Prüfung im September gezwungen, das Börsengewicht von SAP im Index zu kappen - und könnte dies anlässlich der Dezember-Überprüfung erneut tun.

Dies schürt Bedenken, dass die Waldorfer dem deutschen Aktienmarkt den Rücken kehren könnten. So tat es Linde LIN im vergangenen Jahr: Nachdem der Industriegashersteller die Kappungsgrenze riss – die damals noch bei 10% lag – übertrug er im Februar 2023 alle Aktien an die New Yorker Börse, denn dort erhoffte sich das Unternehmen bessere Kurschancen für seine Aktien. In Frankfurt passte man die Kappungsgrenze nach dem Linde-Abgang zwar auf 15% an, doch nun zeigt sich, dass auch dies nicht reichen könnte.

Das bedeutet die Kappung für ETFs und Fonds?

Für Indexfonds hat die Kappung die unliebsame Konsequenz, dass sie die Aktien verkaufen müssen, sobald die Schwelle erreicht ist. Laut Morningstar Direct gibt es im hiesigen Markt 13 ETFs, die den DAX tracken. Überprüft werden die Indizes jeweils am dritten Handelstag des Überprüfungsmonats, Veränderungen werden am Montag nach dem dritten Freitag wirksam – in diesem Fall also am 23. Dezember.

“Portfoliomanager von passiven Fonds können sich im Voraus auf die Neugewichtung vorbereiten, indem sie analysieren, ob es sinnvoll sein könnte, nach der Neugewichtung zu handeln, um zu vermeiden, dass sie zu ungünstigen Kursen handeln müssen", sagt Jose Garcia Zarate, Associate Director Passive Strategies bei Morningstar. Allerdings würden sie dann ein paar Tage von ihrer Benchmark abweichen. In jedem Fall dürfte der Verkaufsdruck dem Aktienkurs zusetzen.

Sollte SAP wirklich die Koffer packen und nach New York wechseln, ist der Titel auch raus aus dem DAX- Somit müssten SAP‘s 15% dann auf die übrigen 39 Titel plus einem Nachrücker verteilt werden (, was im Endeffekt bedeutet, dass deren Index-Gewichtung steigen dürfte. Dies wiederum würde bedeuten, dass Indexfondsmanager auf einen Schlag eine ganze Reihe von Kaufaufträgen erteilen müssten, so Zarate.

Anders sieht es bei aktiven Fonds aus, denn diese dürfen aufgrund regulatorischer Vorgaben ohnehin nicht mehr als 10% in einen Einzelwert investieren, erläutert Morningstar-Analystin Natalia Wolfstetter. Daher bilden sie die hohe Gewichtung von SAP nicht nach, geschweige denn gehen eine Übergewichtung im Vergleich zum Index ein. Im laufenden Jahr war SAP in Fonds der Kategorie „Aktien Deutschland“ zwar generell der größte Einzelwert und mit durchschnittlich 9,5% Gewichtung und damit wurden die regulatorischen Möglichkeiten recht weit ausgereizt, doch stellt dies gegenüber dem Index eine bedeutende Untergewichtung dar, betont Wolfstetter.

Diese Tabelle zeigt, in wessen Händen sich die SAP-Aktie befindet. Für die Analyse haben wir aktive und passive Strategien in der Kategorie “Aktien Deutschland” untersucht. Ganze vorne an liegt der iShares Core DAX ETF Acc, der mehr als 4,65 Millionen Aktien des Unternehmens sein Eigen nennt - beim aktuellen Kurs ein Wert von über 102 Mio. Euro.


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Über den Autor

Antje Schiffler  ist Redakteurin bei Morningstar in Frankfurt.