Inflation der Eurozone im Dezember auf 5-Monats-Hoch

Die Verbraucherpreise steigen wie prognostiziert, Zinssenkung der EZB Ende Januar weiter erwartet.

Antje Schiffler 07.01.2025
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Collage-Illustration der Europäischen Zentralbank mit Hintergrundformen und -symbolen

Nach Angaben von Eurostat stiegen die Verbraucherpreise in der Eurozone im Dezember im Jahresvergleich um 2,4 %. Dies entspricht den Erwartungen, liegt aber über dem Wert vom November und dem Ziel der Europäischen Zentralbank von 2 %. Ausschlaggebend für den Anstieg waren die Energiepreise, die zum ersten Mal seit Juli wieder höher kletterten.

Die Kerninflation, bei der volatile Komponenten wie Energie und Lebensmittel herausgerechnet werden, blieb im Vergleich zum Vormonat unverändert, was unterstreicht, dass diese Kennzahl weitgehend stabil ist. “Mit 2,7 % liegt sie jedoch weiterhin deutlich über dem von der EZB angestrebten Wert von 2 %, wobei die Dienstleistungskomponente der Inflation aufgrund der angespannten Arbeitsmarktlage hoch bleibt”, so Michael Field, Marktstratege für Europa bei Morningstar.

“Bislang hat die EZB mit ihrem moderaten und methodischen Vorgehen bei der Senkung der Zinssätze genau den richtigen Weg eingeschlagen. Die Kommentare der Zentralbank über die Feiertage deuten darauf hin, dass sie davon ausgeht, dass die Inflation in diesem Jahr auf das angestrebte Niveau fallen wird, was den Weg für weitere Zinssenkungen ebnen wird. Im Jahr 2025 dürften die niedrigeren Zinsen den europäischen Aktien, die derzeit mit einem attraktiven Abschlag gegenüber ihren US-amerikanischen und globalen Konkurrenten gehandelt werden, erheblichen Rückenwind geben.”

Im Dezember trugen die Dienstleistungen am stärksten zur jährlichen Inflationsrate (HVPI) des Euroraums bei (4,0 %, gegenüber 3,9 % im November), gefolgt von Nahrungsmitteln, Alkohol und Tabak (2,7 %, unverändert gegenüber November), Industrieerzeugnissen ohne Energie (0,5 %, gegenüber 0,6 % im November) und Energie (0,1 %, gegenüber -2,0 % im November).

Der Preisanstieg im Dezember markiert eine Rückkehr zu einem Niveau, das zuletzt im Juli verzeichnet wurde. Im November waren die Preise um 2,2 % und im Oktober um 2 % gestiegen.

Deutsche Inflation überrascht nach oben, französische Inflation bleibt niedrig

Ulrike Kastens, Europa-Ökonomin bei der DWS, sagte in einer Research Note, dass die Inflationsrisiken weiterhin bestehen, insbesondere in Deutschland.

“Die heutigen Zahlen liegen im Rahmen der EZB-Prognose für das vierte Quartal 2024. Die deutschen Zahlen zeigen aber auch, dass die unterschwelligen Inflationsrisiken nicht verharmlost werden. Dies hat sich bereits in etwas mehr Skepsis in den Markterwartungen hinsichtlich des weiteren Zinssenkungspfades niedergeschlagen.”

Die Inflationsrate in Deutschland ist im Dezember unerwartet stark gestiegen. Die Preise stiegen um 2,6% und lagen damit deutlich über den Markterwartungen von 2,4%, teilte das Statistische Bundesamt am 6. Januar mit.

Die Inflation in Frankreich blieb unterdessen deutlich unter dem Zielwert der EZB. Die Verbraucherpreise stiegen im Dezember um 1,8%, wie die französische Statistikbehörde Insee am 7. Januar mitteilte. Dies entsprach den Markterwartungen.

Die EZB senkte auf ihrer Dezembersitzung ihre Inflationsprognose von 2,3 % im September auf 2,1 % im Jahr 2025, womit sie sich eng an ihr mittelfristiges 2 %-Ziel hält. Für die Kerninflation prognostizieren die EZB-Experten einen Durchschnitt von 2,3 % im Jahr 2025 und 1,9 % in den Jahren 2026 und 2027.

Was wird die EZB am 30. Januar tun?

Es wird allgemein erwartet, dass die EZB auf ihrer ersten Sitzung im neuen Jahr am 30. Januar eine weitere Zinssenkung vornehmen und damit den allmählichen Lockerungszyklus der Bank fortsetzen wird. Im Dezember senkte die EZB ihren Leitzins für die Einlagefazilität um 0,25 Prozentpunkte auf 3,00 % und signalisierte damit einen vorsichtigen Ansatz in der Geldpolitik.

Einige Analysten glauben, dass der Einlagensatz bis Ende 2025 auf 1,50 % sinken könnte, während andere argumentieren, dass die EZB eher bei 2 % stoppen könnte, um die Notwendigkeit, das Wachstum zu stützen, gegen das Risiko eines Wiederaufflammens der Inflation abzuwägen. Im Vereinigten Königreich dürfte sich der Leitzins bei etwa 3,5 % einpendeln.

“Die schwache Konjunktur bereitet einigen Notenbankern zunehmend Kopfzerbrechen,”, so Kastens weiter. Darüber hinaus zeigen die Frühindikatoren, dass es den Unternehmen aufgrund der schwachen Nachfrage immer schwerer fällt, Preiserhöhungen durchzusetzen.

“Wir gehen daher davon aus, dass sich die Inflationsrate im Jahr 2025 um das Ziel der Notenbank von 2 % einpendeln wird. Wir rechnen weiterhin mit einer Senkung des Einlagensatzes um 25 Basispunkte im Januar”, prognostiziert die DWS.

Inflation könnte entgegen dem EZB-Optimismus weiter ansteigen

Nach Ansicht von ING wird die EZB ihren vorsichtigen Kurs beibehalten. Der Abwärtsdruck der Energiepreise lässt jetzt nach, und die Dienstleistungsinflation bleibt ein Problem, so Peter Vanden Houte, Chefökonom für die Eurozone bei ING.

“All dies deutet darauf hin, dass die Inflationsrate in der Eurozone im ersten Quartal dieses Jahres höchstwahrscheinlich weiter ansteigen wird. Die EZB rechnet mit einem Rückgang der Gesamtinflation auf 2,3 % im ersten Quartal, wobei die negative Energieinflation eine wichtige Rolle spielen wird. Angesichts der aktuellen Trends erscheint dies jedoch optimistisch”, sagte er.

Während die Zentralbank argumentieren könnte, dass der derzeitige Inflationsanstieg nur vorübergehend ist, sind die Falken im EZB-Rat heute weniger bereit, einen angebotsbedingten Inflationsschock zu “ignorieren” als noch vor einigen Jahren.

“Wir gehen nach wie vor davon aus, dass die EZB die Zinssätze weiter senken wird, aber es ist unwahrscheinlich, dass sich das Tempo der Lockerung beschleunigen wird. Diejenigen, die behaupten, die EZB sei ‘hinter der Kurve’, könnten daher weiter enttäuscht werden.”


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Über den Autor

Antje Schiffler  ist Redakteurin bei Morningstar in Frankfurt.