Wie groß ist das von Ihnen verantwortete Volumen in Unternehmensanleihen bei der Union Investment?
Wir verwalten aktuell rund vier Milliarden Euro in unseren Corporate-Bond-Fonds. Hinzu kommen noch weitere Publikumsfonds sowie Spezialfondsmandate für institutionelle Kunden mit Corporate-Bond Beimischungen in einem Volumen von rund 7 Milliarden Euro. Damit haben wir insgesamt mehr als 11 Milliarden Euro in diese Assetklasse investiert.
Wieviele Analysten und Portfoliomanager arbeiten im Bereich Corporate Bonds?
Unser Corporate Bond-T
eam umfasst aktuell zwölf Köpfe. Das Team ist nach Branchen aufgestellt. Mein Kollege Patrick Kohlmann konzentriert sich beispielsweise auf die Versorger während Erik Rüttinger die Automobilbranche betreut.
Wie verläuft der Investmentprozess für Unternehmensanleihen? Gibt es eine Personalunion von Fondsmanager und Buy-Side-Analyst?
Wir kombinieren die Top-Down- mit der Bottom-Up Analyse. Hierbei agiert jeder Portfoliomanager zugleich auch als Researcher. Auf diese Weise vermeiden wir Unschärfen in der Entscheidungsfindung und minimieren Reibungsverluste. Die Alternative einer Trennung beider Aufgaben überzeugt nicht. Denn letztendlich muss einer die Entscheidung fällen und das kann nun einmal nur der Portfoliomanager sein. Dabei muss er natürlich über die entscheidungsrelevanten Daten verfügen. Wir werten deshalb das Researchmaterial aller führender Researchhäusern aus. Selbstverständlich agieren meine Kollegen und auch ich dabei nicht als Einzelkämpfer. Insbesondere bei der Portfoliokonstruktion stimmen wir uns untereinander ab und überprüfen systematisch unsere Investmentideen auf ihre Plausibilität und hinsichtlich der Erfolgsaussichten.
Wie schätzen Sie die künftige Entwicklung der Euro-Unternehmensanleihemärkte ein?
Der Renditeaufschlag der Corporate Bonds erreicht aktuell wieder rund ein Fünftel der Gesamtrendite. Dies entspricht dem zuletzt im Sommer 2003 erreichten Niveau. Die Märke bleiben damit für Anleger attraktiv. Denn angesichts der Tiefststände bei den Renditen sind höherverzinsliche Renditequellen Trumpf.
Marktbeobachter argumentieren, dass mit Blick auf die historisch geringen Spreads das eingegangene Risiko nicht mehr belohnt wird. In welchen Branchen mit guter Bonität sehen Sie trotz geringer Zinsdifferenzen in den nächsten sechs Monaten gute Chancen?
Die Aussage der historisch niedrigen Renditen möchte ich etwas relativieren. Wer die aktuellen Spreads mit den Aufschlägen von 2001 vergleicht, gelangt zu dieser Einschätzung. Wer aber weiter zurückblickt, erkennt dass sich die Spreads bereits in den Jahren von 1994 bis 1998 lange Zeit auf diesem Niveau bewegten. Solange die Aufschläge keine nennenswerte Ausweitung erfahren, bieten Corporate Bonds nach wie vor attraktive Renditeaufschläge. Aktuell haben wir nachrangige Anleihen von Banken sowie ausgewählte Telekommunikations-Bonds übergewichtet.
Sind für einen Unternehmens-Bondinvestor steigende Dividenden und Aktienrückkäufe positiv zu werten?
Über die steigenden Dividienden mache ich mir keine Sorgen. Denn die Gewinne vieler Unternehmen sind in den letzten beiden Jahren stark gestiegen. Die höheren Ausschüttungen an die Aktionäre entwickelten sich also zumeist im Einklang mit der positiven Ergebnisentwicklung. Solange nicht mehr als zwei Drittel der Gewinne ausgeschüttet werden, besteht keine nennenswerte Gefahr für Bondinvestoren. Bei Aktienrückkäufen müssen wir allerdings etwas vorsichtiger sein. Wenn Unternehmen ihre Eigenkapitalbasis zu sehr schmälern, halten wir uns mit Engagements eher zurück.
Wie werten Sie die kreditfinanzierten Unternehmenskäufe (Leveraged Buyouts) in Europa? Haben Sie Einfluss auf den Corporate Bond Markt?
Lediglich in einzelnen Branchen wie zyklischen Konsumwerten sind die Risiken größer geworden. Das Volumen der Buyouts insgesamt ist aber nach wie vor auf vergleichbar niedrigem Niveau. Wir sind weit von den Exzessen der Jahrtausendwende entfernt. Und ich gehe davon aus, dass sich ein vergleichbarer Hype auch in den nächsten Jahren nicht wiederholen wird.
Die Situation der US-Automobilkonzerne sehen Marktbeobachter als potentielles systematisches Risiko für den Unternehmensanleihemarkt. Teilen Sie diese Befürchtungen? Was hätte ein Ausscheiden der Schuldtitel aus den großen Corporate-Bond-Benchmarks für Folgen?
Das Risiko mancher Automobil-Titel ist in der Tat beträchtlich. Die meisten kritischen Automobilanleihen sind aber bereits in den relevanten Investment Grade Indices nicht mehr enthalten. Zudem sind die meisten Unternehmen in einer völlig anderen Situation. Sehen Sie nur die Telekommunikationsunternehmen oder auch viele Versorger. Diese Gesellschaften haben ihre Verschuldung massiv zurückgeführt und zeigen keine Neigung zu unangemessenen finanziellen Abenteuern. Deswegen sehe ich keinen Grund, die gesamte Corporate-Bond Landschaft in Sippenhaft zu nehmen. Viel mehr können weitere mögliche Turbulenzen bei großen US-Automobilkonzernen den Investoren im breiten Corporate-Bond Markt gute Einstiegschancen eröffnen. Denn bei öffentlichkeitswirksamen Ratingverschlechterungen tendieren manche Marktteilnehmer dazu, eine ganze Branche oder sogar den kompletten Gesamtmarkt abzustrafen. Solche Situationen bieten dann attraktive Einstiegschancen in erstklassige Anleihen.
Die Union verwaltet recht erfolgreich Investment-Grade Euro-Unternehmensanleihen. Warum klappt es nicht im High Yield Bereich?
Im High Yield-Bereich erreicht der von uns jeweils zu rund der Hälfte im Euro- und im Dollar-Raum investierende Fonds zwar seine Benchmark. Hier können wir aber noch etwas besser werden. Insgesamt bin ich aber mit unserer Leistung zufrieden. Dies gilt umso mehr, da Lipper im besonders wichtigen Fünfjahreszeitraum Union Investment als besten deutschen Corporate Bonds-Manager ausgezeichnet hat.
Denken Sie an eine Ausgliederung dieser Spezialität oder tendieren Sie eher zum Aufbau eigener Kompetenz?
Union Investment hat in den zurückliegenden Jahren das Portfoliomanagement bereits substanziell ausgebaut und unser Vorstand hat bereits weitere Investitionen angekündigt. Auch mein Team wuchs in den letzten drei Jahren von vier auf zwölf Köpfe signifikant. Unsere jüngsten Neueinstellungen betreffen exakt den Bereich der höherverzinslichen Anlagen. So betreuen aktuell bereits fünf der zwölf Teammitglieder die High Yield-Märkte.
Danke für das Gespräch.
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