Risikolos, von wegen

Der BVI gratuliert den Franzosen zur Einführung offener Immobilienfonds – das muss zynisch in den Ohren der Anleger des Grundbesitz-Invest klingen.

Werner Hedrich 13.01.2006
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Die Schelte, die sich die Branche in den letzten Wochen anhören musste, war gerechtfertigt. Fondssparer haben in ein Produkt investiert, das mit der immerwährenden Rücknahmemöglichkeit beworben wurde. Die Immobilienverwalter der Deutschen Bank haben mit dieser Verfahrensweise gebrochen und die Rücknahme der Anteile ausgesetzt. Der Imageschaden für die Blaue Bank ist groß, aber auch die Wettbewerber knirschen mit den Zähnen. Haben sie doch auch die offenen Immobilienfonds als Witwen-und-Waisen-Papiere an den Mann oder die Frau gebracht. Der Ruf der vermeintlich sicheren Anlageklasse hat einen Kratzer bekommen, wenn nicht sogar eine ordentliche Delle. Die Teilnehmer bemühen sich um Schadensbegrenzung. Anders ist die Überschrift: „Offene Immobilienfonds jetzt auch in Frankreich – der BVI grat

uliert“ nicht zu erklären. Man sollte einen Test machen und die Headline einem Fondssparer des Grundbesitz-Invest vorlegen. Aber was könnten wir unseren französischen Nachbarn wünschen?

Es ist zu hoffen, dass die offenen Immobilienfonds nicht als risikolose Assetkategorie beworben werden. Investments in Gewerbeimmobilien, Einkaufszentren oder Lagerhallen bergen natürlich wirtschaftliche Risiken. Die Mieteinnahmen aus Immobilien sind konjunkturabhängig. Die Bewirtschaftung (Neudeutsch: Facility Management) und Vermietung ist durch unternehmerisches Risiko gekennzeichnet. Das Risiko ist zum Beispiel um so höher, je früher der offene Immobilienfonds in die Projektentwicklung bei Neubauten einsteigt.

Das Verkaufsargument niedriges Risiko ist aus der Volatilitätskennzahl Standardabweichung hergeleitet, die nahe 0% liegt. Diese Risikokennziffer basiert auf den täglichen Rücknahmepreisen. Doch die Rücknahmepreise von offenen Immobilienfonds spiegeln die Summe der geglätteten Ertrags- und nicht die Marktwerte wieder. Der Marktwert ist der am freien Markt bei Verkauf zu erzielende Preis. Er kann über, aber auch unter dem Ertragswert notieren. Nicht der Preis - als Funktion von Angebot und Nachfrage im Veräußerungsprozess – ist die Einflußgröße, sondern die zu erzielenden Mieteinnahmen. Der Ertragswert wird somit weitestgehend auf Basis des Mietzinses bestimmt, er ist ein theoretischer Verwertungspreis für ein Gebäude. Somit hat die Risikokennzahl Volatilität (statistisch: Standardabweichung) in dieser Anlageklasse keine Aussagekraft. Ergo: Offene Immobilienfonds sind riskanter als sie erscheinen.

Immobilienportfolios, die sich auf ein Land beschränken, sind besonders schwankungsanfällig und eine taktische Wette auf einen nationalen Immobilienmarkt. Anleger sollten nur in regional breit diversifizierte Fonds investieren, die unterschiedliche Nutzungsarten erwerben, wie zum Beispiel Einzelhandels- oder Hotelimmobilien. Außerdem spielen die Gebühren und internen Kosten der Fonds in einer renditeschwachen Zeit eine besonders große Rolle.

Ein Ausgabeaufschlag von 5% bei einer zu erwartenden Rendite von 2% bis 4% ist nicht zu rechtfertigen. Ein ziemlich schlechtes Geschäft für den Anleger. Auch die intern anfallenden Gebühren (Transaktionskosten für Immobiliendeals) und Verwaltungsvergütungen summieren sich schnell Richtung 1% des Sondervermögens. Die Gebühren für die Fondsverwaltung des DB Real Estate Grundbesitz-Invest Fonds (Deutsche Bank) lagen im Geschäftsjahr 2003/2004 bei 61,5 Mio. Euro. Der Geschäftsbericht für 2004/2005 ist auf der Homepage nicht hinterlegt. Zudem waren laut Geschäftsbericht 2003/2004 für den „Erwerb, die Bebauung und den Verkauf von Grundstücken“ 11,5 Mio. Euro fällig. Mit Blick auf die zu erwartenden Renditen stellen sich bei uns Morningstar Analysten die Nackenhaare auf. Fazit: Zu teuer. Was soll da bitte für den Anleger übrig bleiben?

Die in diesem Artikel enthaltenen Informationen dienen ausschließlich zu Bildungs- und Informationszwecken. Sie sind weder als Aufforderung noch als Anreiz zum Kauf oder Verkauf eines Wertpapiers oder Finanzinstruments zu verstehen. Die in diesem Artikel enthaltenen Informationen sollten nicht als alleinige Quelle für Anlageentscheidungen verwendet werden.

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Werner Hedrich