Nun gibt es nicht das Standardrisikomaß, das alles erklären könnte und für jedermann geeignet ist. Es gibt aber verschiedene Kennzahlen, mit denen man sich zumindest näherungsweise ein Bild der eingegangenen Risiken machen kann. Nicht perfekt, aber besser als nur aufs Bauchgefühl zu achten.
Vergangenheitsbezogene Risikomaße
Risiko wird hier oft mit der Volatilität gleichgesetzt, die mit Hil
fe der Standardabweichung berechnet wird. Die Volatilitätskennzahlen, die Morningstar errechnet, beruhen auf der Schwankungsbandbreite der monatlichen Renditen eines Fonds oder Portfolios über die vergangenen drei, fünf oder zehn Jahre. Bei stabilen Monatserträgen wird die Standardabweichung niedrig ausfallen. Wenn diese sehr stark variieren, wird sie entsprechend höher sein. Diese Risikokennzahl muss im richtigen Kontext interpretiert werden. Einen globalen Aktienfonds sollte man mit anderen globalen Aktienfonds vergleichen und nicht mit einem Rentenfonds, da Aktien ohnehin die volatilere Anlageklasse sind. Doch selbst innerhalb einer enger definierten Vergleichsgruppe kann es enorme Unterschiede in der Schwankungsintensität geben – darauf sollten Anleger achten! So weist der
Invesco Global Dynamik Fonds
über die vergangenen Jahre eine Standardabweichung von 12% auf. Um einiges volatiler war dagegen ein Fonds wie der
E.ON Aktienfonds DWS
(21%). Der Durchschnitt in der Kategorie ‚Aktien weltweit Standardwerte Blend’ liegt bei knapp 18%.
Ein Nachteil der Standardabweichung bzw. Volatilität ist, dass sie Gewinne und Verluste gleich behandelt. Den meisten Anlegern aber bereiten Abweichungen nach unten (Verluste) die größten Sorgen. Ein Risikomaß, das dies berücksichtigt, ist das Morningstar Risiko (Morningstar Risk). Sie finden es für jeden Fonds auf der Morningstar Webseite unter dem Punkt
‚Rating und Risiko‘
. Es ist zudem Bestandteil des quantitativen Morningstar Ratings. Die Kennzahl steht für Zeiträume von 3-10 Jahre zur Verfügung, sofern ein Fonds alt genug ist. Ein niedriges Morningstar Risiko bedeutet, dass es einem Fonds im Betrachtungszeitraum besser als den Vergleichsfonds in seiner Kategorie gelang, große Verluste zu umschiffen. Umgekehrt steht ein hohes Morningstar Risiko im Konkurrenzvergleich für relative ausgeprägte Abweichungen nach unten. Der
DekaLuxTeam-GlobalSelect
ist ein Beispiel für einen Fonds mit durchschnittlicher Volatilität, aber unterdurchschnittlichem Morningstar Risiko (Zeitraum 3 Jahre).
Portfoliorisiken
Die Standardabweichung und das Morningstar Risiko beruhen auf den historischen Renditen eines Fonds. Auch der Blick auf die Anlagestrategie und die Portfolioaufstellung eines Fonds kann wichtige Hinweise darauf liefern, welchen Risiken ein Fonds ausgesetzt sein könnte.
Ein wichtiger Aspekt ist die Portfoliokonzentration. Hält ein Fonds wenige, dafür aber hochgewichtete Positionen, gibt es ein ausgeprägtes Einzeltitelrisiko. Gerät ein einzelner Wert im Portfolio ins Schlingern, ist der Einfluss auf den Gesamtfonds hoch. Solche konzentriert gemanagten Fonds müssen nicht zwangsläufig eine hohe Volatilität oder ein überdurchschnittliches Morningstar Risiko aufweisen. Dafür steht beispielsweise der rund 30 Positionen umfassende
Morgan Stanley Investment Funds Global Brands
.
Ähnlich verhält es sich, wenn Fonds deutliche Schwerpunkte auf einzelnen Branchen oder Regionen haben. Warum ein hoher Anteil an Finanzwerten für einen Fonds zum Verhängnis werden kann, braucht nach 2008 nicht mehr erklärt zu werden (auch wenn die Renditen im laufenden Jahr dadurch beflügelt wurden). Eine signifikante Emerging-Markets-Quote sollte man ebenfalls im Auge behalten, da diese Märkte zwar überdurchschnittlich wachsen, aber zu den ersten Verlierern gehören, wenn Anlegern der Risikoappetit vergeht. Ein Portfolio mit hoher US-Gewichtung ist für Euro-Anleger mit entsprechenden Fremdwährungsrisiken verbunden, wenn hier keine Absicherung vorgenommen wird.
Dies waren Beispiele für Aktienfonds. Doch auch bei Anleihenfonds sollten Investoren auf Portfoliorisiken achten. Stichwort ‚Bonität‘, ein Kriterium, das im vergangenen Jahr auf der Anleihenseite die Gewinner von den Verlieren trennte. Während Staatsanleihen gefragt waren, gerieten Unternehmens-, Schwellenländer- und Hochzinspapiere unter die Räder.
Operationelle Risiken
Diese Risiken beziehen sich darauf, wie und durch wen ein Fonds gemanagt wird. Manche Fondsmanager drücken ihren Fonds sehr deutlich den persönlichen Stempel auf, so dass es passieren kann, dass ein Portfolio nach einem Managementwechsel kaum mehr wiederzuerkennen ist – wodurch sich auch das Risikoprofil ändert. So hat Olgert Eichler von der Union Investment kommend den
MainFirst Classic Stock Fund von Hans-Peter Schupp übernommen, der heute den
Fidecum Contrarian Value Euroland managt. Eichler verfolgt einen anderen Ansatz als Schupp.
Mehrmalige Wechsel am Steuer eines Fonds sind ebenfalls ein Risikofaktor. Die gewünschte langfristige Anlageorientierung ist von häufig wechselndem Personal kaum zu erwarten (
Arideka).
Zu dieser Kategorie gehört auch die Gebührenpolitik einer Fondsgesellschaft und damit das Risiko höherer oder zusätzlicher Gebühren (z.B. Einführung einer Performancebeteiligung).
Rundum-Betrachtung
Es gibt bei der Risikoabwägung keinen Königsweg. Es kann aber nie schaden, mehrere Risikokennzahlen zu berücksichtigen. Einzelne Fonds sollten zudem nicht in Isolation gesehen werden. Zu einer guten Risikoanalyse gehört auch die Erfassung des Gesamtdepots, in dem sich das Gesamtrisiko durch eine sinnvolle Diversifizierung begrenzen lässt. Die Vorzüge der Risikostreuung waren 2008 zwar weniger evident als man sich dies erhofft hatte, sie waren allerdings auch nicht komplett verschwunden.
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