Wirtschaftswachstum ist nicht gleich Marktperformance

Warum man die Bewertungen nicht außer Acht lassen sollte.

Christine Benz 24.11.2010
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In der 90er Jahren erwarb ich meinen ersten Fonds, und zwar einen mit Schwerpunkt Emerging Markets. Von Asset Allocation oder Diversifizierung wusste ich noch nichts, doch ich glaubte an das Wachstum in den Schwellenmärkten.

Eigentlich war diese Entscheidung nicht falsch. Auch wenn es an den Schwellenmärkten in den letzten 15 Jahre sehr viele Aufs und Abs gab, haben sie die entwickelten Märkte doch deutlich übertroffen. Wenn ich an meinen Investment festgehalten hätte, könnte ich mich heute zurücklehnen. Das war aber nicht der Fall. Nach dem Marktabsturz durch die Asienkrise aber entschied ich, doch lieber auszusteigen.

Dieses Beispiel illustriert ein beliebtes Missverständnis, nämlich dass ein Land mit sehr dynamischer Wirtschaftentwicklung auch gleichzeitig ein lohnendes Investmentziel ist. Natürlich muss sich dies nicht ausschließen. Aber in meinem Fall glaubte ich an die große Verheißung, ohne zwei Dinge zu beachten: dass die Bewertungen von Emerging-Markets-Aktien schon nicht mehr günstig waren und dass ich keineswegs über die entsprechende Risikotoleranz und einen ausreichenden Anlagehorizont für eine solche Anlage verfügte. 

Eine Studie von Vanguard, die im Frühjahr erschien, bestätigt diese Einschätzung. Sie zeigt, dass das Wirtschaftwachstum nur ein schwacher Indikator für die Marktperformance ist. Die Autoren fassen es so zusammen: ‚Unsere Analyse zeigt, dass die durchschnittliche Korrelation zwischen dem langfristigen BIP-Wachstum und langfristigen Aktienmarktrenditen nahezu Null ist. Dieses kontraintuitive Ergebnis erhielten wir sowohl für alle großen Aktienmärkte über die letzten 100 Jahre als auch für die Schwellen- und entwickelten Märkte über die letzten Jahrzehnte.‘

Zu ähnlichen Resultaten kamen Elroy Dimson, Paul Marsh und Mike Staunton, die in einer umfassenden Studie globaler ökonomischer Daten zeigten, dass das Wirtschaftwachstum nur schwach und teilweise sogar negativ mit der Marktperformance korreliert. Tatsächlich entwickelten sich in ihrer Untersuchung die Aktienmärkte am besten, deren Wirtschaftskraft stagnierte oder sogar rückläufig war.

Wenn das Wirtschaftwachstum also kein guter Indikator ist, dann sollte man um so mehr auf die Marktbewertung achten. Die Vanguard-Studie zeigt, dass die Schwellenmärkte in den letzten zehn Jahren nicht einfach aufgrund ihres Wachstums hohe Kursgewinne erzielten. Vielmehr waren die Erwartungen der Investoren in Bezug auf das Wachstum in den Emerging Markets Anfang des Jahrzehnts sehr verhalten, was auch für die Bewertungen galt. Diese Kombination – gedämpfte Erwartungen und relative günstige Bewertungen – bereitete den Weg für sehr ansehnliche Marktrenditen.

Fazit 

Heißt das nun, dass Anleger sich aus den Emerging Markets schleunigst verabschieden sollten? Müssen sie sich erst im Detail mit den Marktbewertungen befassen, bevor sie ihr Geld anlegen?

Nicht unbedingt. Investoren sollten jedoch geographisch diversifiziert bleiben und sich nicht nur auf die heißesten Wachstumsregionen stürzen. Sie sollten auch nicht einen übermäßigen Anteil des Portfolios in eine Region mit hochfliegenden Wachstumserwartungen und nicht weniger hochfliegenden Bewertungen investieren. Denn während die Alarmglocken bisher nur von wenigen geläutet werden, kann von Schnäppchenpreisen wohl auch nicht mehr die Rede sein.

Die in diesem Artikel enthaltenen Informationen dienen ausschließlich zu Bildungs- und Informationszwecken. Sie sind weder als Aufforderung noch als Anreiz zum Kauf oder Verkauf eines Wertpapiers oder Finanzinstruments zu verstehen. Die in diesem Artikel enthaltenen Informationen sollten nicht als alleinige Quelle für Anlageentscheidungen verwendet werden.

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Über den Autor

Christine Benz  is Morningstar's director of personal finance and author of 30-Minute Money Solutions: A Step-by-Step Guide to Managing Your Finances and the Morningstar Guide to Mutual Funds: 5-Star Strategies for Success. Follow Christine on Twitter: @christine_benz and on Facebook.