- Die Ergebnisse der Stresstests, die am 15.07.2011 veröffentlicht wurden, sind für die europäischen Banken selbst unspektakulär. Die Daten enthalten jedoch Informationen über das Engagement der einzelnen Banken in Staatsanleihen, die sehr wertvoll sind.
- Wir bevorzugen es, Spekulationen über einen mögliches Ausgang der Euro-Schuldenkrise anderen zu überlassen, und konzentrieren uns stattdessen auf Banken, die wenig mit fragwürdigen Staatsanleihen der Peripheriestaaten belastet sind.
- Es ist nicht überraschend, dass gerade griechische, italienische und einige spanische Banken sowie die belgische Dexia am stärksten in problematischen Staatsanleihen investiert sind.
- Die fair bewerteten nordischen Banken, die britischen Banken (mit eigenen Problemen) und die HSBC, die derzeit mit einem 25%igen Abschlag auf unsere Fair-Value-Schätzung gehandelt wird, sind die Banken, die Verlusten mit Peripherieanleihen am wenigsten ausgesetzt wären.
Die Europäische Bankaufsichtsbehörde veröffentlichte am 15.7.2011 die lang erwarteten Ergebnisse ihres Banken-Stresstests. Über die Schlagzeilen zu den Ergebnissen scheint der Markt ebenso wenig überrascht zu sein wie wir es sind. Keine der europäischen Banken, die wir beobachten, und nur acht der 90 getesteten Banken fielen durch. Unter den acht Banken, die scheiterten, waren zwei staatliche griechische Banken, vier spanische Sparkassen und eine spanische Bank sowie eine Bank aus Österreich. Alle Banken in Irland, Italien, Frankreich, Deutschland und Großbritannien haben den Stresstest bestanden.
Unseres Erachtens findet sich der interessanteste Teil des Stresstests nicht in der Überschrift, sondern in den Details. Die möglichen Auswirkungen eines Staatsbankrotts wurden durch den Stresstest wieder einmal nicht beleuchtet. Obgleich wir dies für einen Fehler halten – die Möglichkeit eines Staatsbankrotts stellt derzeit eine der wichtigsten Fragen für Investoren dar –, verstehen wir auch die politischen Schwierigkeiten, dies mit einzukalkulieren. Die Banken der Länder, die der allgemeinen Auffassung nach als problematisch gelten – Portugal, Irland, Italien, Griechenland und Spanien – sowie einige andere größere europäische Institutionen halten so viel Staatsanleihen, dass keine vernünftig vorstellbare Finanzspritze im Falle eines Zahlungsausfalls ein desaströses Ergebnis für Anleger verhindern könnte.
Wir bekennen, dass wir derzeit keine konkrete Vorstellung über ein mögliches Lösung der Schuldenkrise in Europa haben. Es scheint eine Vielzahl von Möglichkeiten zu geben, die von sehr negativen Ergebnissen für die Gläubiger inklusive Ansteckungsgefahr und Folgeausfällen über die Auflösung des Euro mit einem besseren Neubeginn bis hin zu einer großen Rettungsaktion oder auch nur der Fähigkeit der Länder, sich durch ihre Probleme irgendwie durchzumanövrieren, reichen.
Bei der gegenwärtig geringen Vorhersehbarkeit sollten Investoren, die nicht selbst über eine fundierte Branchenmeinung verfügen, Banken meiden, die stark in Staatsanleihen der peripheren europäischen Ländern engagiert sind, und sich stattdessen auf Banken, deren Engagement in Peripherieanleihen überschaubar ist, konzentrieren. Unseres Erachtens halten die Banken, die mit mehr als 100 % ihres Kernkapitals (Tier 1) in fragwürdigen Staatsanleihen engagiert sind – einschließlich der von uns abgedeckten griechischen und italienischen Banken, der spanischen Banken Banco Bilbao Vizcaya Argentaria (BBVA), Banco Popular Espanol (POP) und der Banco Santander (STD), sowie der beständigen belgischen Enttäuschung Dexia (DEXB) –, so viele Staatsanleihen, dass sie bei einem Zahlungsausfall massive Kapitalprobleme bekommen würden.
Auf der anderen Seite scheinen die nordischen Banken, mit nur minimalen Engagements in problematische Staatsanleihen (weniger als 33 % des Kernkapitals Tier 1), von einem solchen Szenario ausgeschlossen zu sein. Der Fokus der HSBC (HBC) auf Asien minimiert gleichfalls das Risiko, das mit europäischen Staatsanleihen verbunden ist. In Großbritannien haben Barclays (BCS), Lloyds (LYG) und die Royal Bank of Scotland (RBS), alle mit jeweils weniger als 25 % ihres Kernkapitals (Tier 1), sehr überschaubare Engagements in Staatsanleihen. Leider haben diese Banken andere Probleme. Die RBS und Lloyds kämpfen noch immer mit irischen Kreditausfällen, und alle drei stehen vor der Herausforderung einer stagnierenden Wirtschaft in Großbritannien.
Französische und deutsche Banken fallen zum größten Teil in ein breites Mittelfeld (zwischen 33 % und 100 % des Kernkapitals Tier 1 in portugiesischen, italienischen, irischen, spanischen und griechischen Staatsanleihen). Während direkte Engagements in Staatsanleihen begrenzt sind, sind diese Unternehmen in der Regel bei der Kreditvergabe an Unternehmen und Privatpersonen in ganz Europa sehr aktiv. Wir werden ihre Forderungen in den kommenden Tagen näher betrachten.
Bestände von Peripherieanleihen europäischer Banken im Verhältnis zum Kernkapital (Tier 1):
Erin Davis ist Aktienanalystin bei Morningstar.
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