Die europäische Fondsindustrie hat auch im September einen rabenschwarzen Monat erwischt. Wie aus den Morningstar-Daten zum paneuropäischen Absatzgeschäft zeigen, haben Anleger aus den in Europa domizilierten aktiv verwalteten Fonds 48,9 Milliarden Euro netto abgezogen. Damit verlangsamte sich der Exodus gegenüber dem Horrormonat August zwar, als der Fondsbranche 57 Milliarden Euro verloren gingen. Es waren allerdings die zweithöchsten Abflüsse in einem Monat seit dem Höhepunkt der Finanzkrise im Oktober 2008.
Die höchsten Nettomittelabflüsse mussten im September Aktienfonds hinnehmen, die netto 19,86 Milliarden Euro an Abgängen verzeichneten. Rentenfonds waren mit Abflüssen von 14,03 Milliarden Euro ebenso im Negativterrain wie alternative Fonds mit 2,36 Milliarden Euro und Mischfonds mit 1,77 Milliarden Euro. Nur die Kategorie der Immobilienfonds konnte auf Monatssicht ein minimales Absatzplus von 61 Millionen Euro verbuchen. Selbst Geldmarktfonds konnten nicht von ihrem Status als sicherer Hafen profitieren. Sie verzeichneten Nettomittelabflüsse von 7,96 Milliarden Euro.
Tabelle: Nettoabsatz europäische Publikumsfonds 2011* | |||||
Fondskategorie | |||||
Sept. 11 | Q3 | Q1 bis Q3 | 12 Monate | ||
Mischfonds | (1.767) | (4.478) | 7.563 | 14.531 | |
Alternative Fonds | (2.357) | (7.120) | 3.852 | 4.173 | |
Rohstofffonds | (1.130) | (2.016) | (562) | 95 | |
Wandelanleihefonds | (1.851) | (6.396) | (2.993) | (1.625) | |
Aktienfonds | (19.856) | (52.665) | (44.782) | (7.940) | |
Rentenfonds | (14.030) | (30.109) | (22.668) | (26.537) | |
Immobilienfonds | 61 | (530) | (1.070) | (1.473) | |
Nicht klassifiziert | (12) | (191) | 87 | 1.019 | |
Summe Langfristanlegen | (40.941) | (103.505) | (60.573) | (17.756) | |
Geldmarktfonds | (7.961) | 125 | (29.683) | (54.481) | |
Gesamt | (48.902) | (103.380) | (90.256) | (72.238) | |
* in Mio Euro; Zahlen in Klammer sind Nettomittelabflüsse; erfasst werden in der Statistik keine Dachfonds und keine ETF, Stand: 30.9.2011, Quelle: Morningstar |
Die ETP-Branche in Europa schlug sich im Vergleich zu den aktiv verwalteten Fonds deutlich besser. Insgesamt konnten sich laut Morningstar-Schätzung die börsengehandelten Produkte dem negativen Absatztrend im September entziehen, auch wenn sie deutlich weniger Zuflüsse verzeichneten. Die Mittelzuflüsse in ETP beliefen sich auf knapp 400 Millionen Euro im September. Dabei mussten Aktien-ETF zwar Abflüsse in Höhe von 1,6 Milliarden Euro hinnehmen, das wurde jedoch durch Zuflüsse in alternative Vehikel und Geldmarkt-ETF kompensiert (lesen Sie den Bericht zum ETP-Absatz im September hier).
Das Jahr 2011 erinnert stark an den Einbruch im Herbst 2008
Damit zeichnet sich ein düsteres Bild für die Branche der aktiven Asset Manager in diesem Jahr ab: 90,26 Milliarden Euro sind in den ersten neun Monaten 2011 europaweit aus aktiv verwalteten Publikumsfonds abgeflossen. Wesentlich geprägt war das Geschenen vom Aktien-Crash ab August: in den drei Monaten von Juli bis September betrugen die Abflüsse extrem hohe 103,38 Milliarden Euro.
Auf Ebene der Einzelfirmen musste die französische Amundi die höchsten Abgänge hinnehmen. Amundi-Fonds verloren im September 8,38 Milliarden Euro. Besonders häufig verkauft wurden alternative Fonds, die sich auf die Asset-Klasse Volatilität konzentrieren. Wie die Morningstar-Statistik weiter zeigt, musste die Pioneer-Gruppe im September mit 1,9 Milliarden Euro die zweithöchsten Nettomittelabflüsse unter den Fondsanbietern hinnehmen.
Unter den wenigen Anbietern mit positiven Zuflüssen stach im September die britische Prudential hervor, die 610 Millionen Euro an Nettomittelzuflüssen verbuchte. Die Fonds von Aegon (332 Millionen Euro) und Interfund (324 Millionen Euro) folgten mit deutlichem Abstand. Alle drei Anbieter mussten indes in diesem Jahr dreistellige Millionen-Euro-Beträge (Prudential und Aegon) beziehungsweise gut eine Milliarde (Interfund) an Abflüssen hinnehmen.
In diesem Jahr führt Franklin Templeton mit sehr großem Abstand die Liste der Asset-Sammler an: die Amerikaner, die im September 1,36 Milliarden Euro verloren, verzeichneten von Januar bis September Nettomittelzuflüsse in Höhe von 24,13 Milliarden Euro.
Die großen deutschen Anbieter müssen Federn lassen
Unter den deutschen Fondsanbietern musste vor allem die DWS im September Federn lassen: Der deutsche Primus für Publikumsfonds verzeichnete Nettomittelabflüsse in Höhe von 1,1 Milliarden Euro. Auch Fonds der Sparkassentochter Deka (minus 475 Millionen Euro), Allianz Global Investors (216 Millionen Euro) und Universal-Investment (minus 129 Millionen Euro) verloren überproportional.
Die höchsten Mittelabflüsse mussten unter den deutschen Anbietern in diesem Jahr die Deka hinnehmen, die in den ersten neun Monaten 4,06 Milliarden Euro an Nettomittelabflüssen aus ihren Fonds verzeichnete. Es folgten AGI (minus 3,18 Milliarden Euro) und die DWS (minus 2,76 Milliarden Euro).
Die höchsten Zuflüsse unter den deutschen Anbietern verbuchten in den ersten neun Monaten des Jahres das auf alternative Fonds spezialisierte Münchener Haus Assenagon mit 869 Millionen Euro an Zuflüssen. Alleine der geldmarktnahe Absolute-Return-Fonds Assenagon Global Opportunities verzeichente Zuflüsse von 409 Millionen Euro. Die Fondsfamilie DB Platinum der Deutschen Bank verbuchte 622 Millionen an Zuflüssen.
Carmignac Patrimone verzeichnete 2011 bisher die höchsten Abflüsse
Auf der Ebene der Einzelfonds musste in den ersten neun Monaten der immer noch rund 25 Milliarden Euro schwere defensive Mischfonds Carmignac Patrimoine des französischen Asset Managers Carmignac Gestion mit Abflüssen von 2,948 Milliarden die höchsten Nettoverkäufe in Europa verkraften. Im September war die Absatzbilanz – dank der guten Performance nach dem Aktienabsturz – indes leicht positiv.
Auf die ersten neun Monate des Jahres gesehen waren die Fonds von Franklin Templeton alleine auf weiter Flur: Gefragt waren der Templeton Global Bond, der 7,24 Milliarden Euro netto einsammelte, gefolgt vom Templeton Global Total Return mit Zuflüssen von 6,89 Milliarden Euro und vom Templeton Global Bond (plus 6,82 Milliarden Euro).
Hinweis: Morningstar schätzt die Daten zum Absatzgeschäft der Fondsindustrie in Europa auf monatlicher Basis. Wir wenden folgende Methodologie an: Es werden - kurz gesagt - die Volumina der in Europa zugelassenen Fonds zum Ende des jeweiligen Monats mit ihrem Volumen zum Monatsanfang abgeglichen. Die Residualgröße, die sich nicht auf die Performance-Entwicklung zurückführen lässt, stellt die (positive oder negative) Nettoabsatzleistung des jeweiligen Fonds dar. Die aggregierten Morningstar-Daten geben zuverlässig und sehr zeitnah die Absatztrends in Europa wider, können sich aber von den offiziellen Daten der nationalen europäischen Fondsverbände und der europäischen Fondsvereinigung Efama unterscheiden. Unterschiede basieren im wesentlichen darauf, dass unser Schätzverfahren durch die Dynamik der Zuflüsse innerhalb eines Monats beeinflusst werden kann. Darüber hinaus unterscheiden sich unsere Fondskategorien von denen der Fondsindustrie; auch der unterschiedliche Umgang mit instutitionellen Fondstranchen, die wir nicht in der Publikumsfondsstatistik erfassen, kann zu Abweichungen zu den endgültigen Fondsstatistiken der Fondsindustrie führen.
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