Die trüben Gewinnaussichten sowie das erhöhte Risiko, das mit der Investition in US-amerikanische und europäische Aktien in Verbindung gebracht wird, haben zunehmend mehr Investoren dazu gezwungen, sich stärker mit Investments in der Wachstumsregion Asien auseinanderzusetzen. Aufgrund der schieren Größe Chinas sind chinesische Aktien ebenfalls in den Fokus westlicher Investoren geraten. Dazu gehören auch die vielen Staatsbetriebe. Die Staatsbetriebe haben im Jahr 2010 einen Gewinnsprung von durchschnittlich 37,9% erlebt. Die Gewinne der staatlichen Unternehmen aus den Branchen Finanzdienstleistungen, Rohstoffe und Verkehr konnten sich mehr als verdoppeln. Die Folge des Wachstums: Staatsbetriebe machen heute über 30% des chinesischen Bruttoinlandsprodukts aus. Zwar weisen sie eine etwas geringere Performance auf als Aktien von Unternehmen aus dem Privatsektor. Allerdings waren Investitionen in die staatlich kontrollierten Giganten bisher sicher. Wir glauben, dass die bevorstehenden Reformen nach dem Führungswechsel im Jahr 2012 eine ernste Gefahr für die Profitabilität und die Rendite der Staatsunternehmen darstellen. Und somit auch für die Performance der Investoren.
Reform der Staatsbetriebe ist entscheidend für das nachhaltige Wachstum
Es herrscht tiefe Besorgnis darüber, dass die staatlichen Unternehmen die Neugewichtung der chinesischen Wirtschaft behindern. Die Bemühungen der chinesischen Regierung, in den letzten fünf Jahren ihre "nationalen Champions" aufzubauen, hat dazu geführt, dass sich eine mächtige Interessengruppe gebildet hat, deren Weiterentwicklung auf dem Rückzug der privaten und ausländischen Unternehmen aus China basiert. Zudem ist die schlechte Kapitalallokation der Staatsunternehmen der Hauptgrund für das immense Ungleichgewicht der heutigen chinesischen Wirtschaft.
Zum einen fließen auf Grund des unterentwickelten Aktien- und Rentenmarktes über 80% des Kapitals durch staatliche Banken. Zum anderen ist es schwierig, zuverlässige Informationen über die Kredithistorie von kleinen und mittleren Unternehmen zu sammeln, weshalb die Banken mit ihren enormen Beträgen an günstigen Spareinlagen ihre Kredite lieber an Staatsbetriebe vergeben. Ein Bericht des Unirule Institute of Economics zeigt, dass von 2001 bis 2008 der reale Zinssatz für Staatsbetriebe bei 1,6% lag, während der durchschnittliche Marktzins 4,68% betrug. Darüber hinaus sind auch Steuern und Grundstückskosten für die Staatsbetriebe viel niedriger als für private oder ausländische Unternehmen.
Schließlich hat auch die geringe Aufsicht über die Investitionen von Staatsunternehmen zu den Problemen beigetragen. Bis 2007 hatte die Regierung nicht verlangt, dass Staatsunternehmen überhaupt Dividenden ausschütten.
Mit reichlich hohen Barbeständen, niedrigen Kosten für die laufende Geschäftstätigkeit und wenig Kontrolle über die Investitionen weiten die Staatsunternehmen ihre Produktion weiter aus, was zu Überkapazitäten und einer Abhängigkeit der chinesischen Wirtschaft von Investitionen führte. Zwischen 1981 und 1999 waren Investitionen in Höhe von 0,5 Renminbi Yuan (CNY) erforderlich, um den Gegenwert von 1,00 CNY an BIP-Wachstum zu erzeugen; in den letzten 10 Jahren benötigte China 1,70 CNY an neuen Investitionen, um ungefähr die gleiche Menge an BIP-Wachstum zu produzieren. Gleichzeitig betrug die durchschnittliche Eigenkapitalrendite der Staatsunternehmen nur 8,6%, im Gegensatz zu 12,9% bei den nicht staatlichen Unternehmen.
Fortschritte geschehen langsam, aber sicher
Die Korruptionsskandale und Misswirtschaft bei Staatsunternehmen - erwähnt seien die üppigen Ausgaben für Luxusspirituosen bei SINOPEC und den niedrigen Renditen von CRCC trotz massiver Subventionierung und Förderung - zeigen Folgen. Die Ressentiments in China, vor allem in den Massenmedien, gegenüber den Staatsbetrieben nehmen zu. Bisher hat der Druck von in- und ausländischen Unternehmen und das Drängen innerhalb Chinas die Regierung nicht zu nennenswerten Änderungen bewegt - bei den Bemühungen der Regierung handelte es sich weitgehend um Lippenbekenntnisse. Das könnte sich bald ändern.
Es zeichnet sich ab, dass die Fehlallokation von Kapital durch die Staatsbetriebe angegangen wird. Ein entscheidender Schritt wäre ein Vermögenstransferprozess, der dazu beitragen würde, den privaten Konsum anzukurbeln und die Abhängigkeit von Investitionen zu reduzieren. In diesem Jahr gibt es hier bereits Fortschritte. Zum einen wurden die Steuergesetze angepasst, um den Fair Value der staatlichen Vermögenswerte zu ermitteln und auch Umweltschäden und die Kosten im Gesundheitswesen zu berücksichtigen.
Zum anderen müssen die Staatsunternehmen nunmehr 45% ihrer Gewinne an die Regierung abführen statt bisher 5 bis 10 Prozent. Wir glauben, dass die Erhöhung der Dividendenquote nicht nur für eine effizientere Kapitalallokation sorgen wird, sondern auch dazu beiträgt, die Lohnsteuern zu senken, was die Ausgaben für das bisher unzureichende Sozialversicherungs-System finanziert, das zu einer hohen Sparquote in China beigetragen hat.
Durch den Führungswechsel in der chinesischen kommunistischen Partei in 2012 erwarteten wir schnellere und umfassendere Reformen, die tiefgreifende Auswirkungen auf die Kapitalallokation der Staatsunternehmen haben werden. Mit einem größeren Anteil an Mitteln, die in die produktiveren Privatunternehmen fließen und dem Abbau von Subventionen und Vorzugsbehandlungen für die großen Staatsunternehmen wird es Produktivitätssteigerungen geben, die Chinas Wirtschaftswachstum anfeuern.
Industrie und Konsumgüterhersteller werden von Reformen profitieren
Auf mittel- bis langfristige Sicht sehen wir drei große Industrie-Bereiche, die von einer effizienteren Kapitalallokation profitieren werden: Zum einen wird die Verstädterung eine treibende Kraft für wirtschaftliches Wachstum bleiben, aber weniger Investitionen in Infrastruktur und Kapazitätserweiterungen bedeuten Probleme bei den Rohstoffen, insbesondere bei Basismetallen (Aluminium und Zink) und Baumaterialien (Stahl, Glas und Zement). Shenghua Coal und Baosteel werden aus der Konsolidierung der Staatsbetriebe in diesen Branchen profitieren.
Zum anderen sollten kleine und mittlere Banken (Merchant und Mingshen Bank), die mehr Aufmerksamkeit auf die Kreditvergabe an KMUs legen und bessere Private Banking-Dienstleistungen bieten, von der Liberalisierung der Zinssätze profitieren.
Und schließlich sind wir der Meinung, dass wenn die chinesischen Haushalte höhere Renditen für ihre Ersparnisse erhalten, dies den Konsum der jüngeren Generationen der unteren Mittelschicht erheblich steigern wird und die obere Mittelschicht ihre Ausgaben für Luxus-, Freizeit- und personenbezogene Dienstleistungen erhöhen wird. Beides wird mittel- bis langfristig vermutlich schneller wachsen als das BIP.
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