Die Bond-Märkte sind nach wie vor von hoher Nervosität geprägt: Jede Auktion spanischer Bonds gerät zur Zitterpartie. Zu Beginn der Woche war die Rendite von zehnjährigen spanischen Papieren im Zuge der niedrigen Nachfrage über die Marke von 6% geklettert. Italienische Staatsanleihen wurden mit nach unten gezogen. Nach einer kurzen Atempause am Dienstag, in der kurzlaufende spanische Papiere zu etwas günstigeren Konditionen verauktioniert wurden, richten sich nun die Blicke auf den heutigen Donnerstag, wenn eine weitere Auktion für spanische Bonds ansteht. Im Vorfeld haben Anleger bereits einiges an Pessimismus in die Aktienkurse „eingearbeitet“: Am Mittwoch gaben die Kurse auf breiter Front nach: Der Dax verlor gut 1,0%, der Euro Stoxx 50 gibt sogar um 1,8% nach. Nur der SMI hält sich mit einem Verlust von 0,8% im europäischen Vergleich relativ wacker.
Nach dem goldenen ersten Quartal rückt also im April die europäische Schuldenkrise in den Vordergrund - Investoren haben wieder verstärkt die Probleme der Staatshaushalte Italiens und Spaniens im Blick. Was sind die Folgen für Unternehmensanleihen, die sich in Zeiten der Eurokrise für viele Anleger zu einer Art „sicherer Hafen“ mutiert sind? Bei Spread-Produkten verhält es sich wie mit Aktien: Noch im März waren im Zuge der allgemeinen Entspannung an den Märkten die Risikoaufschläge für Unternehmensanleihen leicht zurückgegangen. Doch schon in der ersten Aprilhälfte schmolzen die Kursgewinne dahin. Zum Teil war das auf das immer schnellere Tempo zurückzuführen, mit dem die Kurse spanischer und italienischer Staatsanleihen sanken.
Der griechische "Sündenfall" hat Anleger noch vorsichtiger gemacht
Welche Marke sollte im Falle Spaniens beachtet werden? In der Vergangenheit hat sich gezeigt, dass die Marke von 6% von großer Bedeutung ist: Ist sie erst einmal gerissen, steigen die Renditen häufig weiter an. Hinzu kommt, dass sich die Situation nach der griechischen Umschuldung gegenüber dem vergangenen Herbst grundlegend verändert hat: Der Markt hat aus der Pleite Griechenlands die Lehre gezogen, dass nicht alle Gläubiger bei einer Schulden-Restrukturierung gleich behandelt werden, nachdem sich die EZB durch einen Anleihetausch vor Verlusten durch eine Umschuldung schützte. So ist es zwar gut möglich, dass die Käufe der EZB am Sekundärmarkt die Renditen kurzfristig unten halten werden, aber zugleich bleibt der Druck grundsätzlich erhalten: Investoren werden zur Absicherung gegen einen Zahlungsausfall künftig höhere Renditen verlangen als vor der de facto-Pleite Athens.
Doch bei all den Sorgen vor einem erneuten Aufleben der europäischen Schuldenkrise gibt es einen Faktor, der uns Hoffnung macht: Die Zinsstrukturkurve spanischer Titel hat sich noch nicht abgeflacht, auch der jüngste Renditeanstieg hat das Niveau der zweijährigen Papiere noch nicht auf das der 10-jährigen Titel gehoben. Zur Erinnerung: Je mehr die Marktteilnehmer einen kurzfristigen Zahlungsausfall befürchten, desto stärker flachen sich Zinsstrukturkurven ab, da Investoren für das (kurzfristige) Risiko höhere Renditen verlangen. Im Fall Spaniens wird zwar bei langen Laufzeiten eine größere Wahrscheinlichkeit eines Zahlungsausfalls eingepreist, doch am kurzen Ende zeigt sich noch keine erhöhte Ausfallwahrscheinlichkeit.
Apropos Kurzfristrisiken: Die Zinsstrukturkurve Italiens weist eine sehr interessante Konstellation auf: Im Gegensatz zu spanischen Papieren hat sich der Abstand zwischen zwei- und zehnjährigen Bonds aus Italien im vergangenen Monat um 120 Basispunkte auf plus 196 Basispunkte verringert. Somit ist die Rendite der zehnjährigen Staatsanleihen aus Rom zwar niedriger als die der spanischen Titel, doch lässt sich aus der Zinskurve ableiten, dass die Investoren ein größeres Risiko für einen baldigen Zahlungsausfall Italiens einpreisen als für Spanien. Immerhin steht Italien nach Einschätzung der Marktteilnehmer noch lange nicht so knapp vor einem Default wie im vergangenen November, als die Kurve sogar invertierte.
Sind Unternehmensanleihen noch ein gutes Risiko?
Im Gegensatz zu dem steigenden Risiko bei Staatsanleihen sehen wir bei Unternehmensanleihen bessere Aussichten. Deswegen sind wir zwar einerseits nach wie vor der Meinung, dass Unternehmensanleihen attraktiv bewertet sind. Die immer höhere Geschwindigkeit, mit der die Kurse der Staatsanleihen Spaniens (und Italiens) nun aber sinken, macht uns allerdings andererseits zunehmend Sorge. Deshalb raten wir Anlegern heute zu einer neutralen Positionierung bei Unternehmensanleihen. Spitzt sich die Lage in Europa weiter zu, wird die Krise auch Unternehmensanleihen erfassen. Über alle Branchen hinweg dürften sich die Spreads dann ausweiten und die Kurse nach Süden tendieren.
Nachdem wir sehen mussten, wie schnell die europäische Schuldenkrise außer Kontrolle geraten kann, halten wir eine neutrale Haltung für angemessen. Sollte sich die Zinsstrukturkurve einer der beiden Länder deutlich abflachen oder die Titel mit zehnjähriger Laufzeit eine Zeitlang deutlich über der 6-Prozent-Marke rentieren, würden wir zu einer Einstufung mit „Untergewichten“ übergehen.
Hinzu kommt, dass am 22. April in Frankreich ein neuer Präsident gewählt wird. Offensichtlich hat bislang weder Amtsinhaber Nicolas Sarkozy noch sein Herausforderer Francois Hollande mehr als 50 Prozent der Stimmen hinter sich, so dass es am 6. Mai zu einem zweiten Wahlgang kommen dürfte. Sollte Hollande siegen, werden die Marktteilnehmer das sicher negativ sehen, schließlich hat sich der Sozialist sehr kritisch zu den Maßnahmen der Europäischen Union gegen die Schuldenkrise geäußert. Bei zahlreichen Auftritten hatte er wiederholt die Rolle der EZB in Frage gestellt. Er will den Beitrag Frankreichs zum europäischen Rettungsschirm neu aushandeln. Wenn aber über das ohnehin mit zitternden Händen verschnürte Euro-Rettungspaket neu verhandelt werden sollte, dürften die Konsequenzen an den Märkten gravierend sein.
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