Die Nachrichten aus Europa sind nicht gerade erfreulich. Aber wie sieht es in den USA aus? Da US-Aktien ihre europäischen Vergleichs-Indizes in 2011 outperformt haben, ist ein Blick auf die Fundamentaldaten in den USA angebracht. Die Berichtssaison startete in der vergangenen Woche mit Alcoa und Google, die mehr als nur respektable Ergebnisse lieferten. Viele Anleger fragen sich aber, ob sich dieser Trend fortsetzen wird. Wenn die jüngste Vergangenheit als Richtschnur genommen werden kann, lautet die Antwort: ja. Trotz der Malaise in anderen Wirtschaftsbereichen, ist Corporate America auf einem ziemlich guten Weg. Tiefgreifende Kostensenkungen während der Rezession, eine globale Ausrichtung sowie die Nachfrage-Erholung in vielen Branchen haben die Rentabilität auf ein respektables hes Niveau gehievt.
Es gibt keine unmittelbaren Zeichen dafür, dass sich dieser Trend in diesem Quartal dramatisch ändern wird. Wir hatten nur sehr wenige Hinweise aus den amerikanischen Management-Teams, dass die bisherigen Prognosen zu optimistisch waren, und auch die makroökonomischen Indikatoren des ersten Quartals deuten auf eine weitere Expansion in den USA hin. Aber selbst wenn die Zahlen in den Schlagzeilen robust bleiben, könnten die Berichte Hinweise darauf enthalten, dass es für die Anleger in den kommenden Quartalen möglicherweise nicht ganz so rosig aussehen wird. Hier sind fünf Bereiche, auf die ich bei der Prüfung der Quartalsberichte in den kommenden Wochen ein wachsames Auge werfen werde.
Margen, Margen, Margen
Der starke Profitabilitäts-Anstieg war eine der größten Geschichten des Abschwungs. Die Unternehmen nutzten die Rezession, um ihre Kosten zu kürzen und sich zu verschlanken. Schwache Geschäftsbereiche wurden kurzerhand stillgelegt, unproduktive Arbeiter entlassen, und auch andere Kosten wurden gesenkt. Sparen wo es auch nur möglich war, wurde zur Leitlinie. Doch diese Gewinne sind inzwischen realisiert. Es gibt einfach kaum mehr Einsparmöglichkeiten. Im Gegenteil, die Unternehmen stellen nun fest, dass sie wieder investieren und mehr Mitarbeiter einstellen müssen, um weiter wachsen zu können. Schnell wachsende Mitarbeiterzahlen mögen gut für die Beschäftigungszahlen sein, aber sie werden wohl kaum zur Stärkung der Gewinnmargen beitragen. Die neuen Mitarbeiter sind vielleicht für ein nachhaltiges Wachstum notwendig, aber durch sie werden die Margen wieder auf ein normales Niveau zurück fallen. Wie schnell die Mitarbeiterzahl und andere Overhead-Kosten steigen, wird ein Indikator dafür sein, ob die Margen eher früher als später fallen werden.
Erholung der zwei Geschwindigkeiten
Eine der Binsenweisheiten während der beginnenden Erholung war, dass vermögende Verbraucher stärker profitieren als die unteren Einkommensschichten. So genannte High-End-Verbraucher laufen generell weniger Gefahr arbeitslos zu werden. Sie sahen, dass sich ihre Aktienportfolios schneller als von vielen erwartet erholten und hatten eine geringere Wahrscheinlichkeit, finanzielle Schocks wie Zwangsvollstreckung oder Insolvenz zu erleben. Ein Management-Team nach dem anderen erklärte, dass wohlhabende Verbraucher mit aller Macht zurückkämen, dass aber von den anderen weit und breit nichts zu sehen sei.
Diese Dynamik hat sich in letzter Zeit geändert, da sich die allgemeine Job-Situation verbessert hat. Dadurch haben die Verbraucher ein stärkeres Vertrauen und tätigen auch größere Anschaffungen, wie z.B. die eines neuen Autos. Aber wird der durchschnittliche Verbraucher sein Vertrauens-Level beibehalten können? Ich werde den Management-Teams genau zuhören, wenn sie darüber sprechen, wo sie die Stärken sehen. Befinden sich die USA in einer Erholung der zwei Geschwindigkeiten, die nur von einigen wenigen Verbrauchern angetrieben wird, oder beruht die Stärke auf einer breiten Basis? Sind die Verbraucher der Mittelklasse kurz davor, sich wieder in ihre Schneckenhäuser zurück zu ziehen? Eine breit angelegte Stärke wäre besser, denn wenn die Aktienmärkte wieder volatiler werden und sich die Wohlhabenden mit ihren Ausgaben zurückhalten, könnte dies rasch zu einer Wende bei den Unternehmensergebnissen führen.
Performance der Emerging Markets
Die Schwellenländer stellen eins der größten Fragezeichen dar, wenn es um die Stärke der Erholungsbewegung geht. Die wirtschaftlichen Daten aus diesen Regionen geben oft nur ein unvollständiges Bild, und es ist schwierig zu prognostizieren, wie hart die Regierungen aufs Gaspedal treten, um die Wachstumsraten hoch zu halten.
Ein Weg um zu beurteilen, was dort wirklich geschieht ist, ist sich diejenigen Unternehmen anzusehen, die nennenswertes Geschäft beispielsweise in China oder Brasilien betreiben. Ich werde sowohl die tatsächlichen Ergebnisse aus diesen Regionen sorgfältig beobachten, als auch die Management-Kommentare über die dortigen Geschäftsbedingungen verfolgen. Erwarten die Manager, dass sich die Ergebnisse in den Emerging Markets nennenswert verschlechtern? Wie viel investieren sie dort tatsächlich? Wer zeigt Stärken, wer Schwächen? Solche Berichte sind von unschätzbarem Wert, um herauszufinden, wie weit wir uns auf das Wachstum der Emerging Markets verlassen können, um die globale Wirtschaft am Laufen zu halten.
Ist Europa tot?
Der vorsichtige Optimismus, der die Stimmung der Eurozone zu Beginn des Jahres 2012 bestimmt hatte, beginnt zu schwächeln. Aufkeimende Bedenken wegen der sich verschlechternden wirtschaftliche Bedingungen, des stagnierenden Wachstums, der Einbrüche im verarbeitenden Gewerbe und des Rückgangs der Verbraucherausgaben haben zu einem wieder auflebenden Gefühl der Angst beigetragen. Obwohl die Zahlen für das Bruttoinlandsprodukt (BIP) für das zweite Quartal noch ausstehen, scheint es fast sicher, dass die Eurozone das zweite Quartal in Folge ein negatives Wachstum erleben wird, was die Region in ihre zweite technische Rezession der vergangenen drei Jahren manövrieren würde. Um zu diesem Konsens zu gelangen, verweisen die meisten Ökonomen auf den Market Purchasing Manager Index (PMI), der die monatliche Expansion / Kontraktion der Industrieproduktion misst. Ein Wert über 50 weist auf eine Expansion, einer unter 50 auf eine Kontraktion hin. Im März wies der PMI für die Eurozone einen Wert von49,1 auf, was auf eine leichte Kontraktion hindeutet. In den vergangenen Monaten war die Divergenz der wirtschaftlichen Entwicklung besonders ausgeprägt, da die Kern-Mitgliedsstaaten weiterhin wachsen, wenn auch bescheiden, während die Aktivität in der Eurozonen-Peripherie rückgängig war. Im März reduzierte sich jedoch der PMI für Deutschland auf 51,6 - ein 3-Monats-Tief - und der PMI für Frankreich fiel unerwartet auf 48,7.
Richtig, wichtige Volkswirtschaften wie Deutschland und sogar Frankreich haben es geschafft, ihr BIP-Wachstum über null zu halten, aber wie lange wird das angesichts des Gegenwindes von der Makro-Seite noch anhalten? Welche Auswirkungen wird die Währungs-Unsicherheit auf die Unternehmens-Entscheidungen und das Konsumverhalten haben? Es ist schwer, dies aus den BIP-Statistiken abzuleiten, daher werden die Ergebnisse für den ersten Teil dieses Jahres sehr aufschlussreich sein.
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