Die Griechen haben entschieden: Die konservativen Parteien, die sich nunmehr anschicken wollen, die Sparauflagen der EU zu erfüllen, haben die zweite Parlamentswahl in 6 Wochen für sich entschieden. Doch wofür sollen sich Anleger entscheiden, für die der Euroraum eine wichtige Heimatbasis in ihrer Aktienanlage darstellt? Selbst wer nicht dem Doomsday-Szenario, dem Untergang der Eurozone, das Wort redet, dürfte die Tatsache, dass die Euro-Peripherie und Kern-Euroland weiter auseinanderdriften, beunruhigen. Man vergleiche nur die Börsenentwicklung in Deutschland mit der Spaniens in den vergangenen 12 Monaten: während der Dax um 12,5% nachgab, brach der Ibex 35 um 32,5% ein.
Umgekehrt dürfte eine mögliche Erholung in den Euro-Südländern den Kursen dort einen stärkeren Push geben als Dax und Co. Darf es also etwas mehr oder weniger Spanien im Portfolio sein? Viele werden gespannt auf die Fondsmanager von Euroland-Aktien blicken, die versprechen Chancen zu nutzen und - schlechte - Risiken zu vermeiden.
Anleger in Deutschland, Österreich und der Schweiz dürfte allerdings nicht nur die Perspektive der Eurozone umtreiben, sondern auch die Frage, wie sich die weltweite Konjunktur entwickeln wird. Die großen Unternehmen der Eurozone erwirtschaften einen Großteil ihrer Umsätze und Erträge weltweit – Europa ist für die globalen Player nicht die wichtigste Referenzgröße. Defensiv aufgestellte Geschäftsmodelle, wie Pharma- und Basiskonsumwerte, sind für eine konjunkturelle Abschwungphase gemeinhin besser gerüstet als Unternehmen mit zyklischen Geschäftsmodellen wie Automobil- oder Maschinenbauunternehmen. Mehr Bayer als MAN also für die Zukunft? Oder kommt die globale Konjunktur doch wieder auf die Wachstumsspur?
Vor dem Hintergrund dieser zweifachen Unsicherheit wollen wir uns dem Auge des Orkans zuwenden und eine kleine Zwischenbilanz für Euroland-Aktienfonds ziehen. Zur Erinnerung: Auch wenn die Eurokrise in ihrer derzeitigen Form seit dem Frühjahr 2010 in der akuten Phase befindet, wollen wir uns auf die jüngste, hoch volatile Zeit konzentrieren, also auf die vergangenen knapp 12 Monate seit Ende Juni 2011. Diese Phase umfasst die Sell-off-Periode von Juli bis Dezember 2011, die (kurze) Auschwungphase nach Bekanntgabe der Bankenstützungsprogramme der EZB (LTRO) von Januar bis April sowie die erneute Konsolidierung an den Märkten seit April.
Wie haben die Manager aktiv gemanagter Fonds agiert? Wie aktiv waren sie? Und hatten sie Erfolg bei ihren Allokations-Entscheidungen? Wir haben uns die beiden Morningstar-Aktienfondskategorien „Euroland-Standardwerte“ und "flexible Euro-Aktienfonds“, also so genannte All-Cap-Produkte, vorgenommen. Es kommen 160 Fonds zusammen, die in Deutschland, Österreich und der Schweiz zum Vertrieb zugelassen sind. Dabei gehen wir den folgenden 4 Fragen nach:
1. Wie haben die Fondsmanager in den vergangenen 12 Monate per saldo ihre Portfolios mit Blick auf die Gewichtung von Cash ausgerichtet?
2. Wie war die Gewichtung von Aktien aus Spanien, Italien und Frankreich gegenüber deutschen Aktien gestaltet? Referenzgröße ist dabei der Euro Stoxx 50, der die größten Euroland-Unternehmen vereint.
3. Wie hat sich der Durchschnitt der Fonds mit Blick auf die Gewichtung zyklischer und defensiver Werte verhalten? Auch hier nehmen wir den Euroland-Standardwerte-Index zum Maßstab.
4. Last but not least: Hat sich der Aufwand gelohnt? Wie sieht die Performance-Bilanz aus?
Cash is king? Nicht, wenn es um Euroland-Fonds geht
Vorweg gesagt: Mit Blick auf das Herauf- und Herabfahren der Investitionsquoten in den Fonds haben sich die Euroland-Aktienfondsmanager zwischen Juni 2011 und Mai 2012 weniger aktiv gezeigt, als man das von aktiven Managern in turbulenten Zeiten auf den ersten Blick erwarten könnte. Die durchschnittliche Cash-Quote in unserem Sample lag zum Juni 2011 bei 2,31%, also nahe der Vollinvestition. Im Monat darauf stieg die Cahs-Quote deutlich auf durchschnittlich 3,37%, um im August erneut auf 3,96% zuzulegen. Per Ende Dezember, also als die die Banken stützende Linie der EZB klar wurde, sank die Barquote wieder auf 2,67%. Offenbar haben die Fondsmanager also im Herbst Kaufchancen gesehen und den Baranteil ihrer Fonds reduziert. In diesem Jahr hat sich die Kassequote auf niedrigem Niveau gehalten. Nach einem kurzfristigen Anstieg im März lag sie per Ende April bei 2,34%.
Tabelle 1: Die Entwicklung der Cash-Quoten in den Fonds für Euroland-Aktien
Angesichts dieser niedrigen Schwankungsbreite drängt sich der Schluss auf, dass sich die Aktienfondsmanager in der Breite nicht als Asset-Allokatoren verstehen, sondern als mehr oder weniger lupenreine Stockpicker. Eine flexible Kassehaltung ist also nicht unbedingt Sache der aktiven Euro-Aktien-Fondsmanager in der Breite. Natürlich handelt es sich um Durchschnittswerte, und es gab im Herbst 2011 Fonds, die in der Spitze die Kasseposition auf bis zu 50% hochgefahren haben. Für die meisten Fonds war die Erhöhung der Barquote indes keine Option.
Das mag man angesichts der hohen Marktvolatilität bemängeln, man kann aber auch positiv hervorheben, dass sich diese Gruppe der Aktienfonds damit durch Nachvollziehbarkeit und Klarheit auszeichnet: Ein Aktienfondsmanager wird nun mal mandatiert, in Aktien zu investieren. Im Guten wie im Schlechten. Dieser positive Faktor wird angesichts der Tatsache, dass Market-Timing nur bei den wenigsten Fonds erfolgreich praktiziert wird, verstärkt.
Süd-Euroland versus Deutschland: Benchmark-Treue steht im Vordergrund
Haben die Fondsmanager die Krise zum Anlass genommen, Euro-Südländer unterzugewichten und stattdessen deutsche Aktien höher zu gewichten? Wie unsere Auswertung weiter zeigt, waren deutsche Aktien kein wichtiger Fluchtpunkt für Euroland-Fondsmanager in Zeiten der Krise: Die Quote deutscher Aktien in Euroland-Fonds belief sich auf 29,42 % im Juni 2011, eine etwas niedrigere Gewichtung als im Index Euro Stoxx 50 seinerzeit (30,66%). Im August 2011 sank die Deutschland-Quote sogar auf 28,92%, um dann jedoch auf 31,14% per Ende November zu steigen - immer noch per saldo eine leichte Untergewichtung gegenüber der Deutschland-Quote im Standardwerte-Index. Erst im März und April dieses Jahres stieg die Gewichtung deutscher Aktien in Euroland-Fonds erneut an. Dies korrespondiert in etwa mit den positiven Einschätzungen von zahlreichen Marktbeobachtern und Fondshäusern zur deutschen Wirtschaft und auch mit der Hoffnung, dass die expansive Notenbankenpolitik die Weltwirtschaft stützen werde. Beide Einschätzungen waren bis in den April hinein weit verbreitet unter Fondsprofis.
Mit Blick auf Spanien waren die Fondsmanager vor 12 Monaten eindeutig vorsichtig positioniert. Per Ende Juni 2011 machten spanische Aktien im Schnitt 9,67% der Fonds-Portfolios aus, gegenüber 13,25% im Euro Stoxx 50. An dieser Untergewichtung änderte sich prinzipiell nichts im Herbst 2011, und auch die LTRO-Programme, von denen gerade spanische Banken profitieren konnten, bewirkten keinen Spanien-Schub bei den Euroland-Fonds, die per Ende Februar zu 9,04% in Spanien-Titel investiert waren – versus 12,6% beim Euro Stoxx 50. Im Frühjahr wurde die Spanien-Quote in den Fonds sogar auf unter 8% heruntergefahren.
Deutlich untergewichtet waren die Euro-Fonds ebenfalls in Italien und auch Frankreich. Gegenüber 9,32% im Euro Stoxx 50 lag die Italienquote in Euroland-Fonds bei 7,23% per Ende Juni 2011. Bis Ende Dezember sank sie auf 6,65%, um dann auf 7,37% per Ende Februar zu steigen, noch immer deutlich unter dem Niveau im Euro Stoxx 50 (8,91%).
Französische Aktien wiederum waren in den Fonds per Ende Juni 2011 mit knapp 32,5% gewichtet, 4 Punkte weniger als im Euro Stoxx 50. Der Tiefpunkt war bereits im August 2011 erreicht, als französischen Aktien mit 31,82% um gut 550 Basispunkte niedriger gewichtet waren als im Standardwerte-Index. Auch wenn die Quote hiernach zulegte, blieb die Untergewichtung französischer Titel auch in den danach folgenden Monaten stark ausgeprägt.
Tabelle 2: Die Entwicklung der Länderquoten in Euroland-Aktienfonds
Eine Fußnote am Rande: Ungeachtet der dramatischen Kursstürze an der Börse in Athen –in den vergangenen 12 Monaten brachen die Kurse um rund 60% ein – hielt eine Minderheit der Euroland-Fonds an der Off-Benchmark-Wette lange Zeit fest: Per Ende Juni 2011 lag die Griechenland-Quote in den Euroland-Aktienfonds im Schnitt bei 0,43%. Bis Ende Dezember, also nach Bekanntgabe des Schuldenschnitts, fiel der Griechenland-Anteil auf 0,18% der Euroland-Portfolios, eine Region, in der sie in etwa auch heute verharrt.
In Dubio pro Zyklik: Euroland-Fonds im Konjunktur-Auf und –Ab
Im zyklisch geprägten Euroland-Aktienuniversum waren die aktiv verwalteten Euroland-Fonds bis zur Verschärfung der Krise im Sommer 2011 per saldo übergewichtet. Gegenüber 43,03% im Euro Stoxx 50 betrug das Gewicht konjunktursensitiver Aktien per Ende Juni 2011 43,12% und damit ein Tick mehr als in der Benchmark. Zunächst verwundert dieses hohe Gewicht, da knapp ein Drittel der Benchmark aus – zyklischen - Banken und Finanzdienstleistern besteht. Die Fonds hatten offenkundig bis Juni 2011 nicht auf Krisenmodus umgeschaltet.
Die Zykliker-Quote sank dann auf 41,87% per Ende Juli 2011 und auf 37,7% per Ende Dezember. Damit wurden Zykliker gegenüber der Benchmark in Verlauf des vergangenen Herbst untergewichtet, wenn auch im Index der Anteil zyklischer Titel wegen überdurchschnittlicher Kursverluste ebenfalls rückläufig war. Zwischen Juli und Dezember 2011 sank der Anteil konjunktursensitiver Titel von 42,09% auf 38,40% im Euro Stoxx 50 Index.
Spiegelbildlich wurde der Anteil der zyklischen Aktien Anfang 2012 in den Fonds deutlich erhöht: Fondsmanager dürften also in Antizipation eines günstigen Szenarios für die Weltwirtschaft bei den gefallenen zyklischen Aktien zugegriffen haben: Die Zykliker-Quote legte auf 40,86% Ende Februar zu, um danach ab April allerdings leicht zurückzugehen.
Tabelle 3: Zykliker runter, defensive Aktien rauf: Strategien der Euroland-Fondsmanager
Interessant ist in diesem Zusammenhang die Rolle von Finanzdienstleistern (einschließlich Banken) in den Portfolios seit der Eskalation der Eurokrise. Lag die Quote per Ende Juni 2011 noch bei 21,04% in den Portfolios, so sackte sie im Juli bereits auf 20,04% ab, um per Ende Dezember weiter auf 16,89% zu fallen. Das klingt nach einer klar aktiven Risk-off-Allokation, ist aber auf den zweiten Blick nicht wirklich ambitioniert: Die Finanzdienstleister-Quote im Euro Stoxx 50 ging in der zweiten Jahreshälfte 2011 aufgrund des Kursverfalls bei den Bank-Aktien viel schneller zurück als in den Fonds, und zwar von 27,27% auf 21,35%. So aktiv war die Allokationsentscheidung der Profis mit Blick auf die Untergewichtung des Finanzdienstleistungssektors also nicht.
Auf der anderen Seite wurde in den Portfolios der Anteil defensiver Titel, also wenig konjunkturabhängiger Aktien, spiegelbildlich im Verlaufe der Krise erhöht. In Antizipation schwieriger Zeiten wurde der Anteil defensiver Titel von Ende Juni 2011 von 21,25% auf 25,38% per Ende Dezember erhöht. Im Zuge der Rally vor allem bei zyklischen Aktien stiegen die Fondsmanager bei defensiven Werte Anfang dieses Jahres wieder aus: ihre Quote sank bis Ende Februar auf 23,56%. Als die Märkte dann im April wieder ruppiger wurden, schwenkten die Fondsmanager allerdings erneut um: per Ende April stieg die Quote defensiver Aktien wieder auf 24,98%.
Und was war mit der Performance?
Last but not least stellt sich am Ende die Frage der Fragen: Was war die Sache am Ende des Tages Wert? Haben die Allokationsentscheidungen der aktiven Manager Mehrwert gebracht? Die ernüchternde Antwort lautet: nein. In den vergangenen 12 Monaten (per 15.6.2012) haben aktiv verwaltete Euro-Aktienfonds der beiden Morningstar-Kategorien "Euroland flexibel" und "Euroland Standardwerte" auf Euro-Basis 17,22% verloren. In Schweizer Franken (CHF) gerechnet lag das Minus sogar bei 18,4%. Dem gegenüber verlor der Euro Stoxx 50 Index im selben Zeitraum 17,05 in Euro bzw. 17,83% in CHF gerechnet. Auch die Einjahres-Volatilität war beim Durchschnitt der aktiv verwalteten Fonds mit 21,78% (in Euro) bzw 22,29% (in CHF) höher als beim Index (21,44 bzw. 22,19%). Besonders von der Korrektur im Juli 2011 wurden die Fondsprofis mehrheitlich kalt erwischt; etwas besser hielten sie sich in diesem Jahr vis a vis dem Index.
Tabelle 4: Performance der Euroland-Aktienfonds gegenüber dem Euro Stoxx 50 Index
Allerdings verschleiern die ernüchternden Durchschnittswerte die große Dispersion der Ergebnisse auf Ebene der Einzelfonds. So verlor in den vergangenen 12 Monaten der schlechteste Fonds 35,40% in Euro und 36,44% in CHF gerechnet, während der beste Fonds 2,92% (Euro) bzw. 1,95% (CHF) zulegte. Das ist eine Spanne von rund 33%!
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