Ungeachtet einer erfolgreichen Neuemission Italiens am Markt und den Gerüchten, dass die Zentralbanken der G-20-Länder gemeinsam eingreifen wollen, falls sich die Situation in der Eurozone verschlechtern sollte, war die vergangene Woche an den Bond-Märkten höchst turbulent. Und wer geglaubt hatte, dass die Griechenland-Wahl die Gemüter beruhigen würde, sah sich getäuscht: Am Dienstag musste Spanien einen Zins von 5,074% aufbringen, um 12-monatige Papiere am Markt zu platzieren. Angesichts dieser Kosten mutet die "erfolgreiche" Platzierung von Bonds im Volumen von 3 Milliarden Euro am Dienstag wie ein Pyrrhussieg an.
Etliche Investoren befürchteten weiterhin, dass die Lage in Europa außer Kontrolle geraten könnte. Sie schichteten Geld in den sicheren Hafen der US-Staatsanleihen um - das hat die Rendite der 10-jährigen Titel in der vergangenen Woche auf 1,58% gedrückt. Diese US-Staatsanleihen rentieren damit nur noch rund zehn Basispunkte über ihrem Allzeittief. Am Primärmarkt ging es vornehmlich am Anfang der Woche geschäftig zu. Angesichts der sich verschärfenden Lage in der Eurozone beeilten sich die Unternehmen und platzierten ihre Anleihen deswegen gleich am Montag vergangener Woche!
Im Gegensatz zu dem relativ ruhigen Geschäft bei den Unternehmensanleihen schwankten die Kurse der spanischen und italienischen Staatsanleihen heftig. Die Kursverläufe erinnern eher an Junkbonds. So weiteten sich die Spreads zehnjähriger Staatsanleihen Spaniens und Italiens vergangenen Dienstag um über 30 Basispunkte aus, verengten sich dann im Tagesverlauf aber wieder um zehn Basispunkte. Die Rendite der spanischen Papiere stieg im Laufe der Woche weiter und lag zu Wochenschluss – nach einer leichten Gegenbewegung am Freitagnachmittag – bei 6,87%.
Was wären die Folgen einer Implosion spanischer Banken?
Was heute an den Märkten gespielt wird, hätte verheerende Folgen in der Realität: Wir sind der Meinung, dass ein Kollaps des spanischen Bankensystems zu einer Liquiditätskrise in Europa führen wird. Spanische Bankkunden werden in diesem Fall Einbußen hinnehmen müssen, was vermutlich zu einem Bank-Run in anderen hochverschuldeten Ländern führen wird. Der Interbankenmarkt wird dann zum Erliegen kommen, weil sich die europäischen Banken untereinander kein Geld mehr leihen, schließlich steigt mit dem Ansturm auf die Bankfilialen und den Verlusten das Risiko, dass der Geschäftspartner zahlungsunfähig wird.
Die Eurozone würde in noch größere wirtschaftliche Schwierigkeiten geraten als sie derzeit ist. Liquidität wird knapp und der Kontinent rutscht tiefer in die Rezession, das Risiko, dass Unternehmen und Länder Konkurs gehen, steigt, und die Spreads der Unternehmensanleihen weiten sich. Auf die USA dürfte eine solche Entwicklung weit weniger finanzielle Auswirkungen haben als auf Europa, aber wenn sich die Spreads europäischer Bonds ausweiten, wird das auch die Unternehmensanleihen von US-Unternehmen beeinflussen.
Italienische Auktion und Gerüchte um Eingriff der Notenbanken beruhigen - noch
Am Donnerstag war Italien auf den Markt zurückgekehrt und hatte Staatsanleihen für 4,5 Milliarden Euro verkauft: Papiere mit drei Jahren Laufzeit im Volumen von drei Milliarden Euro, siebenjährige Titel für 627 Millionen Euro und achtjährige Titel für 873 Millionen. Für die Marktteilnehmer war vor allem das Ergebnis der Auktion achtjähriger Staatsanleihen wichtig. Die Papiere wurden zu einer Rendite von 6,13% verkauft und damit etwas unter dem Niveau, auf dem die bereits gehandelten Staatsanleihen notierten. Anders als bei der Auktion spanischer Titel, als die Staatsanleihen sofort absackten und sich nicht mehr erholten, ging es für die achtjährigen Titel aus Italien im Sekundärhandel aufwärts, was den Investoren ein Plus von 1,8% einbrachte.
Die Marktteilnehmer differenzieren also sehr wohl zwischen den Problemen Spaniens und den Aussichten für Italien. Und diejenigen, die bei der Bond-Auktion Spaniens in der Woche zuvor gezeichnet hatten, mussten vergangene Woche einen weiteren Schlag hinnehmen. Denn die Staatsanleihen rutschten bis auf 92-7/8, womit seit der Emission ein Verlust von 5,8% angefallen ist.
Spanische Anleihen sind auch heute keine Schnäppchen
Unseren Berechnungen zufolge ist im Spread spanischer Papiere eine Wahrscheinlichkeit von 30% eingepreist, dass Spanien in den nächsten fünf Jahren zahlungsunfähig wird. Doch aus dem Kurs der Anleihen lassen sich keine Rückschlüsse auf den Kurs bei einem Default ziehen. So handeln etwa die 2022 fälligen Papiere mit einem Kupon von 5,85% um 93. Mit Blick auf die niedrigen Restwerte, die die Investoren beim Umtausch griechischer Staatsanleihen erhielten, sehen wir bei einem Zahlungsausfall Spaniens für die Staatsanleihen ein Abwärtspotenzial von 70 Punkten. Das Aufwärtspotenzial dürfte dagegen gering sein. Bei einer Rendite von 6,87% handeln diese Papiere mit einem Risikoaufschlag von 544 Basispunkten über den deutschen Bonds.
Auf der Suche nach sicheren Anlagemöglichkeiten haben die Investoren die Rendite deutscher Staatsanleihen auf das aktuell niedrige Niveau gedrückt. Sollte sich die Lage in Spanien bessern, dürften einige Investoren wieder in riskantere Anlagen umschichten und deutsche Staatsanleihen verkaufen. Damit steigt deren Rendite – und das dürfte das Interesse an spanischen Papieren schmälern. Denn verringert sich der Spread zwischen den beiden Staatsanleihen etwa auf +300 Basispunkte, wovon 100 Basispunkte auf einen Anstieg der deutschen Rendite zurückzuführen wären, rentierte die spanische Anleihe bei 5,50%. Das wiederum bedeutet, dass der Wert der spanischen Staatsanleihen nur um zehn Punkte gestiegen ist. Das ist bei weitem nicht genug Kurspotenzial, um einen Ausgleich für die möglichen Risiken zu schaffen.
Am Donnerstagmorgen, nach der Auktion italienischer Papiere, kursierten Berichte, dass die G-20 einen globalen koordinierten Eingriff planen, falls eine solche Maßnahme nach den Wahlen in Griechenland erforderlich sein sollte. Während einige Investoren noch hofften, dass sich diese Gerüchte um die Hilfe der G-20 bewahrheiten, verkündete die britische Regierung ihrerseits Hilfsmaßnahmen. Demnach sollen der Wirtschaft Großbritanniens 100 Milliarden Pfund zur Verfügung gestellt werden, damit die Kreditfinanzierung für die Banken günstiger wird. Im Gegenzug sollen Kreditzusagen gemacht werden. Ziel ist es, die Kredite für Privat- und Firmenkunden zu verbilligen. Gleichzeitig wurde beschlossen, die Banken mit zusätzlicher Liquidität mit einer Laufzeit von 6 Monaten auszustatten, um einen Liquiditätsengpass im Falle eines „Grexit“ oder einer Verschlechterung der Lage in Spanien zu vermeiden.
Am Horizont lockt kein Silberstreif
Nach der Wahl in Griechenland wird nun wieder um eine Regierungsbildung verhandelt. Wir fürchten, dass es in den nächsten Tagen viele Schlagzeilen zu diesem Thema geben wird, weil die Parteien ihre Ansichten über die Medien verbreiten werden. Man kann nicht ausschließen, dass sich auch dieses Mal keine Regierung bilden lässt und es könnten Zweifel aufkommen, ob diese Regierung mit der Europäischen Union über weitere Hilfsmaßnahmen verhandeln kann. Zugleich schmelzen die griechischen Geldreserven dahin.
Impulse für die Märkte könnten auch vom G-20-Treffen in dieser Woche kommen, auf dem Berichten zufolge die Lage der europäischen Banken, aber auch die Wirtschaftspolitik in der Eurozone im Vordergrund steht. Am Dienstag und Mittwoch tagt der Offenmarktausschuss der US-Notenbank. Hier könnte es eine hitzige Debatte geben zwischen denjenigen Notenbankern, die eine lockere Geldpolitik befürworten und denjenigen, die lieber die Zügel anziehen wollen. Die Konjunkturdaten aus den USA haben sich zuletzt verschlechtert, möglicherweise aber nicht so stark, dass sie weitere geldpolitische Maßnahmen rechtfertigen. In diesem Monat steht zudem das Ergebnis der zwei unabhängigen Prüfungskommissionen, die die spanische Regierung beauftragt hatte, an: Sie werden im Detail darlegen, wie viel zusätzliches Kapital die spanischen Banken brauchen. Zudem warten wir noch auf die Studie der Ratingagentur Moody's zu den US-Banken, die in diesen Tagen erwartet wird.
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